E-Fuels und Energiespeicher – Status quo und Perspektive
Für eine erfolgreiche Energiewende muss Deutschland Energie effizienter nutzen und aus den fossilen Energien aussteigen. Allerdings ist der Anteil an „Erneuerbaren“ seit 2019 in Deutschland lediglich von 14,8 auf 19 Prozent angewachsen. Wie kann ein realistischer Pfad zu den Klimazielen aussehen?
Aktuell werden fast siebzig Prozent der Primärenergie in Deutschland importiert. Selbst in den Szenarien für 2050 muss immer noch ein Viertel des deutschen Gesamtbedarfs importiert werden. Sogar wenn die anvisierten Energieeinsparungen von dreitausend auf zweitausend Terrawattstunden bis 2050 umgesetzt werden – was Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende ist – wird ein Energieimport bleiben. Dass wir in naher oder mittlerer Zukunft nicht völlig unabhängig werden können, zeigt eine einfache überschlägige Berechnung:
Eine Verdoppelung der Windräder in Deutschland auf rund 60.000 Stück modernster Bauart würde nur ca. siebenhundert bis siebenhundertfünfzig Terrawattstunden pro Jahr liefern. Es stünde dann allerdings im Mittel alle sieben bis auch Kilometer ein Windpark mit zehn Turbinen (bei derzeit 30.000 Turbinen ist der Abstand im Mittel etwa elf Kilometer). Unter Einbezug von Off-Shore Anlagen würde sich die Situation etwas entschärfen. Mit Photovoltaik allein wären fünfhundert bis siebenhundert Terrawattstunden je nach Verwendung des Stroms etwa zwei bis fünf Prozent der Landesfläche nötig.
Wir können demnach mit nationalen Anlagen für erneuerbare Energie unseren Bedarf nicht decken. Dennoch ist diese Technologie bei richtigem Einsatz geeignet, Klimaziele zu erreichen und die deutsche Wirtschaft effizient zu defossilisieren.
Schlussfolgerung: Wenn wir Industrieland bleiben wollen, bleiben wir auf lange Sicht auch Energieimportland. Die alles entscheidende Frage ist, wie wir so ein Gesamtsystem aus eigener Herstellung und Importen bezahlbar und gesellschaftlich akzeptiert umsetzen.
Wo Strom eine Rolle spielt – und wo nicht
Das neue Energiesystem beginnt beim Strom, der heute, wenn er nicht direkt verbraucht wird, nur sehr schwierig in den nötigen Mengen (zwischen)gespeichert werden kann. Er kann zwar über Elektrolyse in Wasserstoff gewandelt werden, der allerdings unglaublich leicht ist, was es sehr schwierig macht, große Mengen in Tanks zu speichern. Für die Verflüssigung ist eine Temperatur von -253 Grad Celsius, also immens viel Energie nötig. Auch die Speicherung bei siebenhundert bar ist sowohl energetisch als auch technisch immer noch anspruchsvoll und damit teuer. Außerdem werden für Strom und Wasserstoff Leitungsnetze gebraucht, die derzeit nicht zur Verfügung stehen. Im weltweiten Energiehandel sind Stromleitungen oder Pipelines nur für begrenzte Strecken sinnvoll einsetzbar.
Daraus ergeben sich fundamentale Fragen, an denen die Diskurse zu einer wirtschaftlichen Energiewende immer wieder verharren: Wie kann Energie gut gespeichert werden und wie kommt die benötigte Importenergie nach Europa – und woher?
Global gibt es genug Wind- und Solarenergie um die ganze Welt zu versorgen. Allerdings benötigen diese Energiequellen große und verfügbare Flächen. Davon gibt es in den Wüsten dieser Welt genug, sogar in Partnerländern, die wirtschaftspolitisch akzeptiert werden. Diese liegen aber teils sehr weit weg (Patagonien, Grönland oder Australien). Von dort ist ein Transport in Leitungen unmöglich. Für Energieträger wie Wasserstoff bleibt nur der Schiffsverkehr.
Das führt zur Frage, welche Energieträger sich wirklich für den Transport eignen. Für den einfachen und kostengünstigen Transport ist ein flüssiger Energieträger extrem vorteilhaft. Wasserstoff ist nur sehr teuer zu verflüssigen und hat selbst dann nur etwa ein Viertel der Energiedichte von bisherigen flüssigen Energiespeichern. Chemisch lässt sich aber aus Wasserstoff und CO2 relativ leicht, kostengünstig und ohne komplizierte Anlagentechnik Methanol herstellen.
Methanol: Das „Öl der Zukunft“
Zum Vergleich: Die Herstellung von flüssigem Wasserstoff hat einschließlich seiner Elektrolyse einen Wirkungsgrad von etwa vierzig bis fünfzig Prozent. Die Herstellung von Methanol liegt in der gleichen Größenordnung. Methanol ist dabei viel einfacher handzuhaben als Wasserstoff und lässt sich ohne Überdruck oder Superkühlung mit konventionellen Tankschiffen billig in riesigen Mengen um den Globus transportieren. Tankschiffe können - im Gegensatz zu Pipelines - von beliebigen Handelspartnern befüllt werden und machen damit Europa nicht von einzelnen Ländern oder Regionen abhängig.
Das CO2 würde bei stationären Anlagen (Industrie, Kraftwerke) aus dem Abgas gefiltert. Zusätzlich käme für das CO2 aus mobilen Anwendungen (Fahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge) Direct Air Capture (DAC), also die Filterung des CO2 aus der Luft zur Anwendung. Das ist heute noch teuer, kann aber ebenso wie die Elektrolyse und die Batterietechnologie zur industriellen Großserienreife entwickelt werden. Damit würden die Preise konkurrenzfähig.
Methanol ist ein chemischer Grundstoff, der sich gut zur Speicherung elektrischer Energie eignet und die Versorgung in Zeiten ohne Wind und Sonne sichern kann. Es konnte gezeigt werden, dass seine Herstellung in wind- und sonnenreichen Gegenden dieser Erde inklusive Tankertransport und Weiterverteilung sogar billiger ist, als in Deutschland erzeugter und verteilter Strom aus Wind und Sonne. Vor diesem Hintergrund darf Methanol durchaus als klimafreundliches „Öl der Zukunft“ für den Energie-, Transport- und Chemiesektor bezeichnet werden.
Durch seine Speicherfähigkeit eignet sich Methanol auch als nationale und europäische strategische Energiereserve. Die Rückwandlung in Wasserstoff ist möglich, allerdings wirtschaftlich und technisch wenig sinnvoll.
Für den Verbrennungsmotor ist Methanol eine klimaneutrale Option, denn das Problem ist bekanntermaßen nicht der Motor, sondern der fossile Kraftstoff. Das demonstrieren Biokraftstoffe schon seit Jahrzehnten.
Weichenstellung für zukünftige Investitionen
Für den Methanolpfad via Wasserstoff werden mehrere 10.000 Elektrolyseure benötigt sowie die entsprechenden Filteranlagen für CO2, zusätzlich Wasserentsalzungs- und -reinigungsanlagen. Diese Anlagen könnten zusammen mit neuen Windturbinen- und PV-Technologien die industrielle Handlungsfähigkeit Deutschlands sichern. Strombasiertes Methanol ist zudem geeignet, wirtschaftliche Entwicklung und damit Wohlstand in heute benachteiligten Weltgegenden auszubauen. China geht diese Technologien bereits in großem Maßstab an.
Für eine stabile, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung sind großindustrielle Produktionsverfahren zwingend, die zuverlässig in riesigen Mengen preisgünstig produzieren können. Dabei sind die Kosten pro Energieeinheit vorrangig und nicht der Wirkungsgrad der Herstellung. Bereits heute lässt sich Strom im Sonnengürtel der Erde für ein bis zwei Cent pro Kilowattstunde gewinnen. Der Liter Methanol ließe sich dementsprechend heute schon für vierzig bis siebzig Cent herstellen, das energetische Äquivalent eines Liters Benzin (ohne Profit und Steuern) für neunzig bis hundertvierzig Cent (je nachdem wie man die Wirkungsgrade ansetzt). Die in Europa bereits bestehende Versorgungsinfrastruktur könnte mit vergleichsweise kleinen Anpassungen weiterverwendet werden.
Fazit: Es muss im zukünftigen grünen Energiesystem die gesamte Kette aus Herstellung, Transport, Verteilung, Speicherung sowie Rückverstromung und Netzstabilisierung mitgedacht und berücksichtigt werden. Die Zukunft einer grünen Weltenergieversorgung ist – nach heutigem Kenntnisstand – der Dreiklang aus Strom, Wasserstoff und e-Fuels. Letztere werden durch Biokraftstoffe ergänzt.
Allerdings: Zur Lösung der Klimakrise sind in der EU Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Klimafreundlichkeit flüssiger Energieträger als wichtigen Baustein zur Lösung der Klimakrise anerkennen und festschreiben. Zusätzlich muss ein ausreichend großer Markt für eFuels angestrebt werden. Erst damit werden Investitionen in diese Lösung attraktiv.