Makroskop
Frag‘ den MAKRONAUTEN

Flassbeck antwortet dem MAKROnauten

| 12. November 2025

Heiner Flassbeck geht von einem wirtschaftlichen Schock durch plötzlich wegbrechende Nachfrage des Auslands aus. Er hat recht – solange der Staat nicht vorausschauend handelt.

Der MAKROnaut hat Ihnen versprochen, dass er sich in seine Raumkapsel setzt und bei Bedarf auch das wissenschaftliche Weltall nach Antworten auf Ihre Fragen absucht. Zuletzt hatten wir uns mit folgender Frage eines Lesers beschäftigt:

„Nach meiner Auffassung lassen sich aus Finanzierungssalden keine zwingenden Schlussfolgerungen für das BIP-Wachstum ableiten. Stimmen Sie mir zu?

Bezogen auf die heutige Situation in Deutschland: Wenn der Staat den vermutlich zu erwartenden geringeren Leistungsbilanzüberschuss durch eine höhere Verschuldung nicht ausgleicht, hieße das lediglich, dass die Ersparnis des Privatsektors geringer ausfiele. Das Wachstum wäre nicht notwendigerweise ebenfalls geringer, oder?"

Wir hatten dem Leser Recht gegeben. Die abnehmende Nachfrage des Auslandes kann durch verstärkte private Nachfrage des Inlandes (Konsum und Investitionen) kompensiert werden. Es muss nicht notwendigerweise einen Rückgang des BIP (Bruttoinlandsprodukts) geben, wenn das Ausland weniger nachfragt. Bei seiner Weltraumreise traf der MAKROnaut auf Heiner Flassbeck, der ihm, dem MAKROnauten, heftig widersprach.

Flassbeck geht von einem wirtschaftlichen Schock durch plötzlich wegbrechende Nachfrage des Auslands aus. In der Tat hätte eine solche Krisensituation fatale Auswirkungen. Unternehmen gehen pleite, Arbeitnehmer werden entlassen, nicht nur im Exportsektor, sondern auch in den Zulieferbetrieben. Restaurants schließen, den Gemeinden brechen Gewerbesteuereinnahmen weg etc. Dass in einer solchen Situation die Verbraucher mehr konsumieren und Unternehmen investieren, ist eher unwahrscheinlich. Es muss mit einem Einbruch des Bruttoinlandsproduktes gerechnet werden. Eine Erhöhung staatlicher Ausgaben und damit einhergehend eine höhere Verschuldung ist unvermeidlich: Der Staat muss verstärkte Transferleistungen erbringen und investieren.

Eine ganz andere Situation hätten wir, wenn der Staat vorausschauend handelt. Wenn der Staat erkennt, dass perspektivisch mit einer Abnahme des Leistungsbilanzüberschusses zu rechnen ist. Es kann die kluge und vorausschauende Politik eines Staates sein, dass er sich von einem alten Wirtschaftsmodell („Exportismus“) verabschiedet und einem neuen hinwendet, bevor das alte zerstört ist. Binnenmarktorientierung kann Exportorientierung ablösen.

Ein solcher Staat ist nicht mit einer Schocksituation konfrontiert, sondern er bereitet Maßnahmen vor, die zu einer Umorientierung der Unternehmen führen. Dazu können zum Beispiel höhere Löhne gehören, die der Staat durch eine Stärkung des Tarifrechts und gute Mindestlöhne fördert. Ob dies ausreicht und die Unternehmen veranlasst, in Produktionsanlagen zu investieren, die eine verstärkte Binnennachfrage befriedigen, müsste man beobachten.

Wenn dafür die Zeit reicht – sprich, ein deutlicher Rückgang des Leistungsbilanzüberschusses sich noch nicht abzeichnet – und der Staat partout nicht mehr ausgeben (sich verschulden) will, kann er abwarten, was passiert. Es kann aber der Augenblick kommen, in dem der Staat gefordert ist, mehr Geld – gegebenenfalls sogar massiv mehr Geld – auszugeben, um Unternehmen und Arbeitnehmern eine neue Perspektive zu geben.