Der MAGA-Machtkampf
Liebe Leserinnen und Leser,
was steht von „America First“ und „Make America Great Again“ (MAGA) zu erwarten? Was von den Visionen ihrer rebellischen Vordenker wird am Ende in der außen- und wirtschaftspolitischen Ausrichtung der neuen Regierung bleiben? Der Machtkampf mit dem alten republikanischen und neokonservativen Establishment ist im vollen Gange. Während Donald Trump und sein Vize J.D. Vance rhetorisch den Rückzug aus internationalen Konflikten propagieren, signalisieren Kabinettsbesetzungen wie Marco Rubio als Außenminister und Mike Waltz als nationaler Sicherheitsberater eine Fortsetzung interventionistischer Strategien. Sie stehen für eine enge Bindung an Israel und eine aggressive Haltung gegenüber dem Iran und China. „America First“ bleibt für die US-Bürger somit ein ambivalentes Versprechen – zwischen mehr Isolationismus und dem Anspruch, die globale Dominanz der USA zu sichern.
Parallel dazu gewinnt eine Fraktion innerhalb der Republikanischen Partei an Einfluss, die Trumps populistische Agenda durch keynesianisch-anmutende Impulse ergänzen will. Vance, aber auch der ehemalige Direktor des Nationalen Handelsrats des Weißen Hauses Peter Navarro, der ehemalige US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer oder der MAGA-Vordenker Stephen K. Bannon streben eine Dezentralisierung von Marktmacht und einen neuen Fokus auf industrielle Produktion an. Sie fordert höhere Löhne, die Stärkung von Gewerkschaften und massive Infrastrukturinvestitionen, um die Binnenwirtschaft zu beleben. Zugleich stehen sie für eine deutliche Absage an „permanente Kriege“ und übermäßige Militärausgaben.
„America First“ verkörpert damit sowohl den Wunsch nach nationaler Erneuerung als auch den Versuch, in einer zunehmend multipolaren Weltordnung die Oberhand zu behalten. Doch gerade diese Heterogenität der Trump-Administration und der Zwang zu pragmatischen machtpolitischen Entscheidungen ist es, die die USA in neue regionale Konflikte verwickeln und die von Trump angekündigten „Deals“ für den Frieden platzen lassen könnten. Diese Ambivalenz spiegelt nicht zuletzt den Zustand eines zerrissenen Landes wider, das gegenwärtig eine politische und gesellschaftliche Transformation ins Ungewisse durchläuft.
Diese und weitere Artikel lesen Sie in unserer neuen Ausgabe:
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