Trumps Dollar-Drohung und seine vier großen Irrtümer
Donald Trump hat eine bizarre Drohung gemacht: 100-prozentige Steuern auf die Importe aus jedem Land, das den Dollar nicht als Reservewährung beibehält. Was denkt sich der kommende US-Präsident dabei?
Vor zwei Wochen machte Donald Trump auf seiner Website Truth Social eine bizarre Drohung: er würde 100-prozentige Steuern auf die Importe aus jedem Land erheben, das sich nicht verpflichtet, den Dollar als Reservewährung beizubehalten.
Bizarr war die Drohung gleich aus mehreren Gründen. Zunächst schien er zu glauben, dass die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) und ihre Verbündeten im Begriff seien, eine alternative Währung zum Dollar einzuführen.
Doch Donald Trumps große Angst existiert nur in seiner Fantasie. Diese Ländergruppe hat außer dem Gefühl, von den USA, Westeuropa und den von ihnen gegründeten internationalen Institutionen an den Rand gedrängt zu werden, wenig gemeinsam. Die Einigung auf Regeln für eine gemeinsame Währung ist mit erheblichem Feilschen verbunden und selbst unter Ländern, die sich in ihrer Wirtschaft, Geschichte und Kultur ähneln, schwierig. Fragen Sie die Länder der Eurozone. Die BRICS-Gruppe in einer gemeinsamen Währung zusammenzubringen, dürfte selbst in ein oder zwei Jahrzehnten noch in weiter Ferne liegen.
Trump hat also eine große Drohung gegen eine Entwicklung ausgesprochen, die mit ziemlicher Sicherheit nicht eintreten wird. Aber ja, Vorsicht ist besser als Nachsicht.
Wen kümmert es, wenn sie ihre eigene Währung einführen?
Was in diesem Fall besonders augenscheinlich wird, ist Trumps Unkenntnis in Fragen des Handels- und Finanzsystems. Zunächst einmal gibt es nicht nur eine einzige Reservewährung. Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, dass alle internationalen Zahlungen in Dollar erfolgen müssen, und viele werden tatsächlich nicht in Dollar abgewickelt. Wenn Unternehmen es für bequemer halten, in Euro oder Yen zu verkaufen, hindert sie nichts daran, dies zu tun. Es ist nicht klar, ob Donald Trump sich dieser Tatsache nicht bewusst ist oder glaubt, dass er alle Transaktionen auf der Welt irgendwie überwachen und verlangen kann, dass sie in Dollar abgewickelt werden.
Zentralbanken halten auch Währungen in Reserve, um internationale Zahlungen abzudecken und ihre eigene Währung im Krisenfall zu stützen. Der Dollar ist die vorherrschende Reservewährung, aber nicht die einzige. Zentralbanken halten auch Euro, britische Pfund, japanische Yen und sogar Schweizer Franken. Vielleicht möchte Trump die Währungsbestände der Zentralbanken überwachen und die Steuer auf Importe aus Ländern erhöhen, in denen die Dollarbestände unter ein bestimmtes Niveau fallen. Das scheint eine ziemlich verrückte Art zu sein, Handelspolitik zu betreiben (es würde gegen die meisten US-Handelsabkommen verstoßen), typisch für die Wirtschaftspolitik von Donald Trump ist es aber allemal.
Der Dollar als Reservewährung untergräbt Trumps Traum eines ausgeglichenen Handels
Sofern es von Bedeutung ist, dass der Dollar die weltweit führende Reservewährung ist, bestünde sein Hauptvorteil darin, die Nachfrage nach der US-Währung zu erhöhen und dadurch ihren Wert im Vergleich zu anderen Währungen zu steigern. Dies wäre insofern gut, als es für die Menschen in den Vereinigten Staaten billiger wäre, aus anderen Ländern importierte Waren zu kaufen.
Der Effekt wird wahrscheinlich überschaubar sein. Der Hauptgrund, Dollar zu halten, ist die Investition in US-Finanzanlagen wie Aktien und Anleihen – sowohl öffentliche als auch private. Solange Anleger glauben, dass die Vereinigten Staaten eine starke und stabile Wirtschaft haben, werden sie Dollar halten wollen, um hier investieren zu können.
Wäre der US-Dollar nur eine weitere Reservewährung wie der Euro, würden weniger Dollar als Reserven und für Transaktionen gehalten werden. Das würde bedeuten, dass der Dollar gegenüber anderen Währungen wahrscheinlich etwas weniger wert wäre, aber es ist unwahrscheinlich, dass der Rückgang mehr als 5-10 Prozent betragen würde. Diese Art der Schwankungen sind im Laufe eines oder zweier Jahre ständig zu beobachten und normalerweise wird diesen Auf und Abs nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Zum Beispiel hat der Dollar zwischen Mai 2021 und Ende des Jahres gegenüber dem Euro um mehr als 5,0 Prozent an Wert gewonnen, und fast wirkt es so, als hätte es niemand bemerkt.
Viel wichtiger in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass sein Status als führende Reservewährung den Wert des Dollars erhöht – was im direkten Widerspruch zu den handelspolitischen Zielen von Donald Trump steht. Trump scheint zu wollen, dass die Vereinigten Staaten einen ausgeglichenen Handel oder sogar einen Handelsüberschuss haben.
Ein höher bewerteter Dollar untergräbt unmittelbar die Bemühungen, dieses Ziel zu erreichen. Wird der Dollar gegenüber anderen Währungen aufgewertet, verbilligt das die Importe für die Menschen in den Vereinigten Staaten. Das bedeutet, dass die USA mehr importieren werden. Auf der anderen Seite bedeutet hat die Aufwertung zur Folge, dass Ausländer mehr von ihrer eigenen Währung verwenden müssen, um einen Dollar zu kaufen. Dadurch werden amerikanische Exporte für sie teurer. Und wenn sie teurer sind, werden die Menschen im Ausland weniger davon kaufen.
Wenn die USA mehr importieren und weniger exportieren, vergrößert sich das Handelsbilanzdefizit. Donald Trumps Bestreben, den Status des Dollars als führende Reservewährung zu erhalten, läuft also seinem Ziel, das Handelsdefizit zu reduzieren, diametral zuwider.
Trumps 100-Prozent-Zoll schadet den USA mehr als China
Die Vereinigten Staaten sind ein wertvoller Exportmarkt für China. Aber es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass China den US-Markt für seinen Wohlstand braucht. Zunächst einmal lohnt es sich, sich ein Bild vom Umfang der Exporte zu machen, um die es hier geht.
Bis September dieses Jahres hatten die USA Waren im Wert von 322 Milliarden Dollar aus China importiert. In diesem Jahr werden es voraussichtlich Waren im Wert von etwa 430 Milliarden Dollar sein. Zum Vergleich: Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird in diesem Jahr voraussichtlich 37,1 Billionen US-Dollar betragen, wenn man das BIP anhand der Kaufkraftparität (KKP) misst. Bei einer Messung anhand des Wechselkurses würde es 18,3 Billionen US-Dollar betragen. Das bedeutet, dass die chinesischen Exporte in die USA 1,2 Prozent des BIP entsprechen würden, wenn man die KKP-Messung verwendet, und 2,3 Prozent, wenn man die Wechselkursmessung verwendet.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Messgrößen besteht darin, dass bei der KKP-Messung ein gemeinsamer Preissatz für alle Waren und Dienstleistungen in den einzelnen Ländern verwendet wird. Das bedeutet, der Preis für einen Haarschnitt und eine Herzoperation wäre in den USA und China sowie in jedem anderen Land gleich. Im Gegensatz dazu wird bei der Wechselkursmessung das BIP des Landes in seiner eigenen Währung berechnet und dann zum aktuellen Wechselkurs in Dollar umgerechnet.
Die große Differenz zwischen den beiden Messgrößen lässt sich dadurch erklären, dass viele Dienstleistungen in China viel weniger kosten als in den USA und anderen wohlhabenden Ländern. So würde beispielsweise die Miete einer vergleichbaren Wohnung oder eine ärztliche Untersuchung in China weit günstiger sein als in den USA.
Während die KKP-Messung für viele Zwecke, zum Beispiel für den Vergleich von Lebensstandards, angemessen ist, eignet sich in diesem Fall wahrscheinlich die Wechselkursmessung besser. Wir fragen uns, wie viel Nachfrage Chinas Wirtschaft verlieren würde, wäre sie vom US-Markt abgeschnitten. Da die Preise der ins Ausland verkauften chinesischen Waren wahrscheinlich nahe an den Preisen in China selbst liegen, wäre der Nachfragerückgang größer, als es ihr Anteil am BIP, gemessen in KKP, vermuten ließe.
Sollte China also im Extremfall seinen gesamten US-Exportmarkt verlieren, würde die Nachfrage in seiner Wirtschaft um 2,3 Prozent sinken, noch bevor Multiplikatoreffekte berücksichtigt werden. Das ist alles andere als trivial, aber es ist unwahrscheinlich, dass der Zusammenbruch der chinesischen Wirtschaft die Folge wäre. Zum Vergleich: Der Anteil des Wohnungsbaus am BIP in den USA brach nach dem Platzen der Immobilienblase in den Jahren 2006–2008 um 4,0 Prozentpunkte ein.
Dieser Rückgang führte in den USA zu einer schweren Rezession, die aus einer unzureichenden Nachfrage in der Wirtschaft resultierte. Die US-Regierung steuerte mit Konjunkturpaketen unter Präsident Obama in den Jahren 2008–2009 und mit einem noch größeren Paket unter Präsident Biden in den Jahren 2021–2022 erfolgreich dagegen. Es gibt keinen ökonomischen Grund, warum auch China seine Wirtschaft nicht so ankurbeln könnte, dass die verlorene Nachfrage aus dem US-Exportmarkt ersetzt wird. Aus chinesischer Sicht wäre das wohl kaum eine Krise.
Aus US-amerikanischer Sicht sieht die Lage weitaus schlechter aus. Die Vereinigten Staaten werden für die 430 Milliarden Dollar an Waren, die sie bisher aus China bezogen haben, deutlich mehr bezahlen müssen. Es wäre notwendig, mögliche Ersatzprodukte für diese Importe auf sektoraler Basis zu suchen. Aber angenommen, die zusätzlichen Kosten für den Ersatz betragen im Durchschnitt 40 Prozent des Preises der Waren aus China, müssten jährlich 170 Milliarden US-Dollar, also etwa 1.400 US-Dollar pro Familie, zusätzlich aufgewendet werden.
Der Grund, warum die Sache für die USA schlimmer ist als für China: Die chinesische Regierung muss nur eine neue Nachfragequelle schaffen, was sie direkt tun kann, indem sie die Kaufkraft der Menschen erhöht. Auf der anderen Seite sehen die Vereinigten Staaten, wie die Kosten für eine Reihe von Artikeln steigen, was praktisch zu einer Angebotsverknappung führt – vergleichbar mit dem, was während der Pandemie mit der Lieferkettenkrise geschah.
Die meisten Regierungen würden ihrer Bevölkerung diese Art von Schmerz nicht ohne triftigen Grund absichtlich zufügen. Aber Donald Trump ist bekanntlich stolz darauf, unorthodox zu sein.