Genial daneben

Auch schnell verbreiteter Unsinn bleibt Unsinn

| 05. Oktober 2016

Ob es um die Kritik an der Zinspolitik der EZB geht oder um die Beiträge zur Rentenversicherung in 25 Jahren, in diesen Tagen kann man beobachten, wie schnell und effizient sich Unsinn verbreitet, wenn er dazu dient, die herrschenden Doktrinen festzuschreiben. Auch der Hamster glaubt, dass schnelles Drehen des Rades hohe Effizienz anzeigt.

Man merkt in diesen Tagen, dass die herrschende Lehre in der Ökonomik es angesichts offensichtlicher Erfolglosigkeit der von ihr empfohlenen Wirtschaftspolitik zunehmend schwer hat, einige ihrer abstrusen Vermutungen zu verteidigen. Da hilft es scheinbar ganz ungemein, wenn man geistig zusammenspannt, wie die Schweizer es sagen, um größere Effekte zu erzielen. Man schreibt folglich auch die irrsten Thesen ganz eifrig voneinander ab, weil dadurch der Eindruck entsteht, so viel geballter Sachverstand könne gar nicht falsch liegen.

So war ich doch überrascht, wie schnell die neueste These der neoklassischen Allzweckwaffe Professor Hans-Werner Sinn in der Presse und von der Politik aufgenommen wurde (hier von uns besprochen). Endlich hatte einer anscheinend ein schlagendes Argument gegen die schreckliche Niedrigzinspolitik der EZB gefunden. Und zudem noch ein Argument, mit dem man klar zeigen kann, dass man keineswegs Unternehmerlobbyist ist, sondern ein aufrechter Marktwirtschaftler, dem faule Unternehmen ein Gräuel sind. Niedrige Zinsen, so die These, würden einfach zu viele Unternehmen am Leben lassen, die „natürliche Auslese“ funktioniere nicht mehr, es entstünden sogar Zombieunternehmen, die den Strukturwandel hemmten.

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