Afrika

Das Chaos in Libyen

| 29. September 2016

In Libyen herrscht Chaos und die westliche Welt schaut weg. Nach dem Sturz Gadhafis ist es nicht gelungen, eine funktionierende Regierung zu installieren. Stattdessen kämpfen noch immer unterschiedliche Gruppierungen um Macht, Einfluss und Öl.

Wenig berichten unsere Medien über die tägliche Gewalt in dem durch den Sturz Gadhafis zerstörten Land, allenfalls werden die Flüchtlinge thematisiert, die von dort aus versuchen, nach Europa zu gelangen – jüngst waren es 6.500 an einem einzigen Tag. Dass in dem nordafrikanischen Land unzählige Milizen, aber auch Stämme und Volksgruppen gegeneinander kämpfen, dass islamistische Terrorbanden wie der „Islamische Staat“, die Nusra-Front, Ansar esh-Sharia, al Qa’eda im Islamischen Maghreb und viele andere dort fest implantiert sind, dass sie mit Anschlägen Tunesien destabilisieren und Algerien bedrohen, dass diese Gewaltakteure Teil des seit der französischen Militärintervention (2013) immer undurchsichtiger werdenden Konflikts in Mali sind, an dem auch die Bundeswehr mit wachsendem Kontingent beteiligt ist, all dies scheint in der Berichterstattung kaum eine Rolle zu spielen.  Dass inzwischen die USA Ziele in Libyen angreifen, dass militärische Spezialeinheiten Frankreichs im Lande unterwegs sind – von den zahlreichen sich dort tummelnden privaten militärischen Unternehmen ganz abgesehen - ist für unsere Medien offensichtlich kein Thema.

Vom italienischen Kolonialismus zum Sturz Gadhafis

Die italienische Kolonisation Libyens begann 1911.  Vor allem während der Zeit des Faschismus führte die Kolonialmacht einen völkermordähnlichen Krieg: Zigtausende italienische Bauern sollten angesiedelt werden, über 100.000 Menschen, etwa 20% der Bevölkerung, wurden ermordet. 1951 hatte Großbritannien das Oberhaupt der islamischen Senoussiya-Bruderschaft als Idriss I. auf den Thron des damals in seiner heutigen Territorialität geschaffenen Landes gehievt. Am 1. September 1969 wurde er von Oberst Mu’ammar Gadhafi in einem unblutigen Staatsstreich gestürzt, am Folgetag verfügte die neue revolutionäre Regierung die Schließung von Wheelus Field, der größten US- Luftwaffenbasis außerhalb der USA. Formal stützte sich das Regime auf basisdemokratische „Volkskomitees“, de facto regierte Gadhafi das Land autoritär. Im Zuge des „arabischen Frühlings“ begannen auch in Libyen am 17. Februar Proteste. Anders als in Tunesien und Ägypten stürmten die Demonstranten Polizeistationen, Kasernen und Gefängnisse, bewaffneten sich und befreiten vor allem die inhaftierten Islamisten, darunter zahlreiche Kämpfer der Libyen Islamic Fighting Group, in der viele ehemalige Afghanistan-Kämpfer organisiert waren.

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