Kommentar

Die Lohnpolitik bleibt überfordert – Eine Replik auf Gustav Horn

| 29. September 2016

Der Beitrag der Lohnpolitik zur Entstehung und Persistenz der Eurokrise ist Gegenstand einer intensiven Debatte. Zwei Beiträge von Gustav Horn, dem wissenschaftlichen Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans Böckler Stiftung, nehme ich nachfolgend zum Anlass einer Replik.

Aber zunächst – ist die Vehemenz, mit der die Lohnpolitik im Euroraum seit einigen Jahren debattiert wird, nicht bemerkenswert? Wie können sich Fachleute nur so herzhaft streiten, die doch letztlich alle irgendwie zu dem Ergebnis gelangen, dass die deutsche Lohnentwicklung seit Einführung des Euro zu moderat war und dass es einer expansiveren Lohnentwicklung bedarf, wenn Deutschland einen Beitrag zur Entspannung der makroökonomischen Ungleichgewichte im Euroraum leisten will? Um das zu verstehen, muss man die Nähe einiger Debattenteilnehmer zu den Gewerkschaften in Rechnung stellen und erkennen, wie tief einige der Fragen, die sich angesichts der Vorgänge im Euro stellen, in das gewerkschaftliche Selbstverständnis schneiden.

Geht es doch um Fragen wie diese: Tragen die deutschen Gewerkschaften eine Mitverantwortung dafür, dass sich der Euro am Rande des Kollapses bewegt? Haben sie, die deutschen Gewerkschaften, vor der Euro-Gründung pro-europäisch geblinkt, um dann aber, sobald der Euro da war, merkantilistisch abzubiegen? Haben sie ihre europäischen Schwestergewerkschaften durch gezielten Export von Arbeitslosigkeit über den Tisch gezogen und ist das Gerede von der transnationalen Solidarität daher nur Fassade? Ja, trägt man letztlich sogar Mitschuld an den quer über den Kontinent aufflammenden populistisch-nationalistischen Abwehrreaktionen, die man doch so verachtet? Lässt man die Brisanz dieser Fragen auf sich wirken, dann kann eigentlich nicht verwundern, dass die Debatte an der einen oder anderen Stelle hitzig wird.

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