Kein Applaus für die Europäische Kommission
Der Fall TUI zeigt, was von den mitgliedsstaatlichen Sozialordnungen übrig bliebe, würde man die Kommission dort hinlassen, wo sie mit Gewalt hindrängt. Höchste Zeit, sich der Erzählung vom „Sozialen Europa“ zu entledigen.
Am 24. Januar 2017 fand vor der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die mit Spannung erwartete Anhörung zur Konzernmitbestimmung (Erzberger vs. TUI, C-566/15) statt. Die Leserinnen und Leser von Makroskop sind im Bilde (siehe zuletzt hier): Der Kläger im Ausgangsverfahren, Herr Erzberger, hält TUI-Aktien im Wert von 130 Euro und verklagte „sein“ Unternehmen wegen der seiner Ansicht nach falschen Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Die Mitbestimmung, so der Kläger, beschränke die europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Und zwar wie folgt: Die deutschen Mitbestimmungsgesetze gelten nur innerhalb der deutschen Landesgrenzen. Wer in ein ausländisches Unternehmen desselben Konzerns wechseln möchte, verliert sein Wahlrecht für die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat. Das macht den transnationalen Arbeitsplatzwechsel weniger attraktiv. Solche Attraktivitätsminderungen sind im Europarecht Binnenmarktbeschränkungen. Inländerbeschränkung durch Ausländerdiskriminierung, so ließe sich die Argumentationsfigur zusammenfassen. Die Absurdität des Ganzen ist mit Händen zu greifen – gleichwohl schlug sich die Europäische Kommission in ihrer vom 9. Februar 2016 datierenden schriftlichen Eingabe an den EuGH auf die Seite des Klägers und vertrat also die Rechtsauffassung, die Mitbestimmung verstoße gegen das Unionsrecht.
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