Soziales

Marktversagen im Gesundheitswesen

| 09. Juni 2016

Der effiziente Markt versagt in der Gesundheitsökonomie. Konsumentensouveränität in diesem Bereich anzunehmen, ist reine Fiktion. Ärztinnen und Ärzte haben das Monopol, Krankheiten zu diagnostizieren und zu therapieren. Dass sie dabei immer und ausschließlich nur das Patientenwohl im Auge haben, ist weltfremd. Eine politische Mengen-und Qualitätssteuerung ist daher unabdingbar.

Die allgemeine Absicherung von Krankheitsrisiken gehört zum Standard moderner Gesellschaften. Kein ernst zu nehmender Politiker oder Wissenschaftler bestreitet das. Selbst der bekennende Sozialstaatsgegner F. A. Hayek hielt eine Krankenversicherungspflicht für legitim, weil sonst viele Menschen der Allgemeinheit zur Last fielen. Er sah generell in Sozialleistungen eher einen Schutz vor „Verzweifelungsakten“ gegenüber dem Besitzbürgertum als eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, ein Begriff, der ihm erklärtermaßen zuwider war (Die Verfassung der Freiheit, S. 386 ff.). Hayek hat seine Vorstellungen zur Krankenversicherung nicht weiter konkretisiert. Ihm schwebte vermutlich eine private Pflichtversicherung vor, die aber mit ihrem Geschäftsmodell der risikobezogenen Beiträge vor zwei Problemen steht:

  • Die Gesundheitschancen sind aus genetischen und sozialen Gründen ungleich verteilt. Eine private Krankenversicherung (PKV) mit individueller Risikokalkulation können sich die meisten Bürger nicht leisten. Untere und mittlere soziale Schichten haben ein größeres Krankheitsrisiko, was zu entsprechend höheren Beiträgen führen würde. Ohne einen Sozialausgleich ist der Anspruch, allen Bürgern den Zugang zur medizinischen Versorgung zu gewährleisten, nicht realisierbar.
  • Im Gesundheitswesen gibt es keine Konsumentensouveränität, es herrscht Anbieterdominanz. Ärztinnen und Ärzte haben das Monopol, Krankheiten zu diagnostizieren und zu therapieren. Das ist auch in Ordnung. Wer sonst sollte diese unverzichtbare Funktion übernehmen? Aber sie können damit Art und Umfang der Nachfrage nach ihren Leistungen auch im eigenen Interesse bestimmen. Die Annahme, dass sie stets nur das Patientenwohl im Auge haben und nicht an ihren eigenen wirtschaftlichen Vorteil denken, ist weltfremd. Daher ist eine systematische Mengen- und Qualitätssteuerung erforderlich, die der Markt nicht leisten kann.

Neoliberale Reformvorschläge ...

Diese Besonderheiten des Gesundheitswesens werden auch von neoklassisch agrumentierenden Ökonomen nicht grundsätzlich bestritten.

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