Essay

Ukraine und der Westen: Die Geo-Ökonomie der Geo-Politik

| 24. März 2022

Der Ukraine-Krieg wirft die Frage nach den geopolitischen Konsequenzen einer De-Karbonisierung des globalen Kapitalismus auf. Entscheidend werden die sich ändernden Gewichte zwischen Industrie- und Ressourcenstaaten sein.

Wenn, wie pointiert kommentiert wurde, der russische Überfall auf die Ukraine für den Westen einen ‚Putin-Schock‘ darstellt, dann gehört zum Schockhaften des Geschehens, dass der Krieg jenen Referenzrahmen fundamental zu verletzten scheint, innerhalb dessen in Westeuropa, besonders aber in Deutschland, Politik bislang vornehmlich verstanden wurde. Folgerichtig nimmt eine prominente Lesart des Geschehens schlicht an, dass Putin – den wir zwar als einen vor Gewalt nicht zurückschreckenden, dabei ja aber immer kühl-kalkulierenden Machtpolitiker kennengelernt haben – über Nacht irgendwie wahnsinnig geworden ist, und dass sich in einem hoch personalistischen politischen System keiner mehr traut, to speak truth to power, (parrhesia, παρῥησία), so dass sich sein persönlicher Wahn in all‘ seinen für die Welt katastrophalen Konsequenzen unkontrolliert und unkritisiert Bahn brechen kann.

Die vornehmliche Antwort des Westens, nämlich die der wirtschaftlichen Sanktion, des Embargos, zeigt dabei an, welchen hegemonialen Referenzrahmen politischer Vernunft der Krieg aus seiner Sicht zu verletzen scheint: nämlich den einer wirtschaftlichen Entwicklung, die allgemeinen Wohlstand innerhalb eines liberalen Gesellschaftsmodells verspricht. Dazu zählt natürlich auch ein internationales Freihandelssystem als Wachstums- und Prosperitätsgarant, zu dem kriegerisch und autokratisch kein Weg führt, ja ganz im Gegenteil, von dem Putin Angriffskrieg gerade auf absehbare Zeit ausschließt.

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