EUGH

Was darf der europäische Gesetzgeber?

| 23. März 2020
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Jüngst verhandelte die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs die polnischen und ungarischen Vertragsverletzungsverfahren gegen die Reform der Entsenderichtlinie. Im Hintergrund steht ein Konflikt über die Befugnis des europäischen Gesetzgebers, in den Anwendungsbereich der Binnenmarktfreiheiten einzugreifen.

Am 3. März hatte ich Gelegenheit, am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg der öffentlichen Verhandlung über die polnischen und ungarischen Klagen gegen die Reform der Entsenderichtlinie zu folgen – gerade noch rechtzeitig, bevor wegen der Corona-Krise die Reisewarnungen und kurz darauf die Reiseverbote einsetzten. Berichte über Verhandlungen am EuGH sind rar, weil entsprechende Protokolle nicht zugänglich sind. Daher nachfolgend eine Einordnung des Rechtsstreits und ein kurzer Bericht über meine Eindrücke.

Die Entsenderichtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof

Wir erinnern uns (oder lesen es in den nachfolgend verlinkten MAKROSKOP-Artikeln noch einmal nach): Die Entsenderichtlinie ist ein außergewöhnlich umkämpfter europäischer Rechtsakt, der ursprünglich aus dem Jahr 1996 stammt. Sie regelt, welche inländischen Lohn- und Schutzstandards auf im Rahmen der europäischen Dienstleistungsfreiheit transnational entsandte Beschäftigte übertragen werden dürfen. Nachdem der Europäische Gerichtshof diese Richtlinie in einer Anzahl umstrittener Urteile äußerst restriktiv interpretiert hatte (hier das Laval-Urteil aus dem Jahr 2007), setzte eine gut zehnjährige Auseinandersetzung ein, die schließlich in die Reform von 2018 mündete (hier die Einzelheiten). Die Frist zur nationalen Umsetzung läuft zur Mitte dieses Jahres ab. Indes hat sich die Auseinandersetzung von der politischen in die juridische Sphäre verlagert: Polen und Ungarn haben gegen den europäischen Gesetzgeber ein Vertragsverletzungsverfahren in Gang gesetzt (wir berichteten hier). Sie bestreiten, dass der Rat und das Europäische Parlament zu der Reform befugt waren.

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