Wie der Exportsektor auf den Wohnungsmarkt drückt
Die Debatte um Mieten und Immobilienpreise steht für etwas Größeres. Gemeint ist aber nicht die Eigentumsfrage. Sondern das verfehlte deutsche Exportmodell.
Als in den Neunzigern und nach der Jahrtausendwende in vielen Industrieländern die Immobilienpreise anzogen, galt Deutschland als Hort der Stabilität. Das ist inzwischen vorbei. Seit der Finanzkrise stiegen die Häuserpreise und Mieten hierzulande stärker als anderswo. Dem Sachverständigenrat zufolge (Seiten 333-334) kletterten die deutschen Häuserpreise zwischen 2010 und 2017 um 46% nach oben. In den Städten stiegen die Preise stärker als auf dem Land, nämlich um 64%. Und richten wir den Blick von allen Städten auf die sieben Größten – das sind Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf, Frankfurt und Stuttgart (die so genannten „A-Städte“) –, dann ergibt sich eine Steigerung um beachtliche 81%. Die Immobilienpreise eilen den Mietsteigerungen voraus, aber auch die Mieten zogen beträchtlich an: im selben Zeitraum um 33% in ganz Deutschland, um 38% in den Städten und 42% in den Großstädten. Die Zahlen beziehen sich stets auf Neuvermietungen, im Unterschied zu den Bestandsmieten.
Jüngst haben Till Baldenius, Sebastian Kohl und Moritz Schularick auf die Verteilungswirkungen dieser Preisauftriebe aufmerksam gemacht. Demnach hat der Anstieg der Immobilienpreise die Hausbesitzer seit 2011 um 2,6 Billionen Euro reicher gemacht. Das ist ungefähr ein deutsches Jahres-BIP. Mehr als die Hälfte davon ging an die oberen 10% der Bevölkerung, während die Mittelschicht von den steigenden Häuserpreisen nicht profitierte. Die Vermögensungleichheit nahm damit zu. Das ist keine Trivialität, sondern der Tatsache geschuldet, dass Personen mit Medianeinkommen in Deutschland keine Immobilienbesitzer sind. In den USA hingegen sinkt die Vermögensungleichheit, wenn die Häuserpreise steigen.
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