Ukrainekrieg: Weiter Säbelrasseln oder schon Diplomatie?
Liebe Leserinnen und Leser,
auch wenn sich westliche Militärs und Diplomaten Mitte der Woche ob des konstruktiven Telefonats von Donald Trump mit Wladimir Putin überrascht gaben – die Meldung kam nicht unerwartet: Schon während des Wahlkampfs machte der wiedergewählte US-Präsident klar, dass er eine Verhandlungslösung für die Ukraine anstrebt.
Mit seinen Appellen an eine noch stärkere Aufrüstung der EU hat Trump den Pfad für seine Pläne geebnet: Der frisch gekürte US-Verteidigungsminister „Pete“ Hegseth forderte auf der Sicherheitskonferenz in München, dass Europäische Streitkräfte die Verantwortung für die Bereitstellung von Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach dem Krieg übernehmen sollen. Eine Beteiligung von US-Truppen schloss Hegseth ausdrücklich aus.
Wie wird die Ukrainepolitik von Deutschland und EU weitergehen, wenn sie zukünftig weitestgehend auf sich allein gestellt sein werden? Wie der Diplomat und BSW-Europapolitiker Michael von der Schulenburg auf MAKROSKOP herausstellt, glänzen der deutsche Wahlkampf und die Medien mit Zurückhaltung. Durch das Schweigen würden sich die etablierten Parteien der Verantwortung entziehen – zumal die „ukrainische Armee militärisch kurz vor einem Zusammenbruch“ stehe.
Auf europäischer Ebene sieht es jedoch anders aus. MAKROSKOP-Autor Thomas Fazi analysiert, dass sich innerhalb der EU eine einflussreiche Koalition mit Schlüsselrollen in der Außen- und Verteidigungspolitik gebildet hat, die den Krieg befürwortet und hauptsächlich von Polen Estland und Litauen angetrieben wird.
Ist ihr „Bing-Bang-Ansatz“ – Säbelrasseln inklusive massiver Aufrüstung – letztlich dafür verantwortlich, dass die Beziehungen mit Russland eskalieren? Europas Aufrüstungsambitionen können die Bekundung, dass der Krieg mit Russland unvermeidbar ist, zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden lassen.
Im Gegensatz zur Zurückhaltung im deutschen Wahlkampf und dem Säbelrasseln in der EU diskutiert man derzeit viel über wirtschaftspolitische Reaktionen auf den unberechenbaren Wirtschaftskurs der Regierung Trump. Eine sozial sensible „Eintrittsgebühr“ könnte nicht nur den von Trump verhassten Gesamtüberschuss an EU-Waren und -Dienstleistungen gegenüber den USA schrumpfen, sondern auch etwas den Druck von den über-touristischen Zentren nehmen, so Gerd Grözinger auf MAKROSKOP.
Im Gegensatz dazu sind Lösungsvorschläge, von denen alle Parteien – die USA, die EU, die Ukraine und Russland – profitieren könnten, im Ukrainekrieg rar. Kann sich das Primat der Diplomatie durchsetzen?
Alle Artikel und Themen dieser Ausgabe:
- Optionen der EU, um Trumpschen Zöllen zu begegnen Trump droht der EU mit Zöllen auf Waren, erste sind eingeführt. Doch es gäbe unkonventionelle Gegenmaßnahmen: eine saftige Einreisegebühr für US-Touristen und eine kleine Transaktionssteuer auf den Umtausch zwischen europäischen Währungen und Dollar. Gerd Grözinger
- China wird zum Albtraum von Tesla und Co. Westliche Hersteller haben bisher kaum wettbewerbsfähige Elektrofahrzeuge auf den chinesischen Markt gebracht. Und Verbrenner sind im Reich der Mitte längst ein Auslaufmodell. Roger Boyd
- Könnte Trump die Reform der Weltbank voranbringen? Seit fast 20 Jahren beraten Finanzminister und Zentralbankgouverneure aus aller Welt über eine Reform der Aktionärsstruktur der Weltbank. Ausgerechnet Trumps disruptive Deals könnten Bewegung in die Sache bringen. Jakob Vestergaard und Robert H. Wade
- Warum Trump mit seiner Russland-Diplomatie zu scheitern droht Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sei „unrealistisch“ und der Krieg müsse durch Diplomatie „enden“, sagte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth beim jüngsten NATO-Treffen. Nur die EU sieht das ganz anders. Thomas Fazi
- Die Bundestagswahl und die Verdrängung des Ukrainekrieges Trump will Putin treffen. Doch im Bundestagswahlkampf spielt der verlorene Ukrainekrieg fast keine Rolle mehr. Die etablierten Parteien entziehen sich ihrer Verantwortung und Deutschland wird dafür einen hohen Preis zahlen müssen. Michael von der Schulenburg
- Der Mythos der kaputtgesparten Bundeswehr Die Forderungen nach höheren Rüstungsausgaben basieren auf fragwürdigen Annahmen. Wie die immensen Summen aufgebracht werden sollen, ist aber klar: durch Sozialkürzungen. Jürgen Wagner
- Kann man heute noch Keynesianer sein? Der Optimismus, mit dem „Keynesianer“ über wirtschaftspolitische Möglichkeiten nachdenken, erinnert fast an Keynes’ hoffnungsvollen Blick auf die Welt der Nachkriegszeit. Doch Keynes formulierte seine Ideen unter spezifischen historischen Bedingungen. Wenn wir uns heute appellativ auf sie beziehen, ist das nur Theater. Lennart Ritterbach
- Rentiers schrumpfen die Wirtschaft Wegen ihrer Nähe zu rechtslibertären und -konservativen Kreisen sind Tech-Milliardäre wie Elon Musk ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Trotzdem gelten sie als Sinnbild für unternehmerisches Wachstum. Dabei schrumpft ihre Sparneigung die Wirtschaft. Richard Murphy
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