Shenzhen ist das bessere Penang
Shenzhen in China ist weitaus erfolgreicher als Penang in Malaysia. Ausländische Direktinvestitionen werden in Einkommenswachstum und technologischen Fortschritt transformiert. Der Grund: Shenzhen hat den Aufstieg innovativer Unternehmen vor Ort unterstützt.
Nur wenige Experten bezweifeln, dass ausländische Direktinvestitionen von volkswirtschaftlichem Nutzen sein können. Sie bringen wichtiges Know-how ein, weiten die lokale Produktion aus und schaffen Arbeitsplätze. Es überrascht daher nicht, dass der Kampf um ausländische Direktinvestitionen seit langem sowohl für Industrieländer als auch für Entwicklungsländer oberste Priorität hat. Prägnant haben das die großzügigen Anreize durch den Inflation Reduction Act der Vereinigten Staaten gezeigt.
Wenn es jedoch darum geht, Wirtschaftswachstum und Entwicklung voranzutreiben, haben ausländische Direktinvestitionen eine gemischte Bilanz. Um zu verstehen, warum, lohnt ein Blick auf die gegensätzlichen Erfahrungen von Penang in Malaysia und Shenzhen in China.
Shenzhen setzt Maßstäbe
Dank seiner strategischen Lage, niedriger Lohnkosten und günstiger Steuern war Penang eine der ersten asiatischen Städte, die Investitionen von multinationalen Unternehmen anzogen – unter anderem durch die 1972 eingerichtete Freihandelszone. Später begann auch Shenzhen, um ausländische Direktinvestitionen zu werben. Die Millionenmetropole im Südosten Chinas richtete 1980 eine Sonderwirtschaftszone ein, die sich schnell zu einem Zentrum der arbeitsintensiven Fertigung entwickelte.
Doch wenn es darum geht, ausländische Direktinvestitionen in Einkommenswachstum und technologische Modernisierung umzuwandeln, war Shenzhen weitaus erfolgreicher als Penang. Das Pro-Kopf-BIP von Shenzhen lag 2017 bei 39.245 US-Dollar (72 Prozent des US-Kaufkraftparitätsniveaus), verglichen mit nur 27.569 US-Dollar (etwa 50 Prozent des US-Kaufkraftparitätsniveaus) in Penang.
Während Penang nur langsam aus der Produktion mit geringer Wertschöpfung herauswuchs, hat Shenzhen einen florierenden High-Tech-Sektor aufgebaut. Die Zahl der US-Patente, die auf Erfinder mit einer Adresse in Shenzhen angemeldet wurden, stieg von null in den 1990er Jahren auf etwa 2.500 im Jahr 2017. In der gleichen Zeit kam Penang gerade einmal auf 100 Patente.
Man könnte versucht sein, diese Divergenz auf die Größe der Volkswirtschaft zurückzuführen: Sicher haben Chinas riesiger Markt und seine Arbeitskräfte, die enormen staatlichen Investitionen und die Fülle an dynamischen Städten Shenzhen geholfen. Aber auch das taiwanesische Taipeh hat seit den 1960er Jahren ausländische Direktinvestitionen in schnelles Wachstum und technologischen Fortschritt umgewandelt.
Die eigentliche Erklärung für den Erfolg von Shenzhen liegt in den Eigentumsverhältnissen der Unternehmen. Seit den frühen, von ausländischen Direktinvestitionen geprägten Tagen wird Shenzhen zunehmend von innovativen einheimischen Unternehmen wie BYD, DJI und Tencent dominiert.
Im Jahr 2005 waren zwei in Taiwan ansässige Unternehmen – angeführt von Foxconn (auch bekannt als Hon Hai Precision Industry Co.) – zugleich auch die beiden patentstärksten Unternehmen in Shenzhen. Zehn Jahre später führten chinesische Unternehmen die gesamten Top Ten an, Konzerne wie ZTE und Huawei wurden zu Spitzenreitern. Heute gehört Shenzhen zu den fortschrittlichsten Städten Chinas und scheint nun sogar Hongkong zu überholen.
Das war kein Zufall. Die chinesische Regierung fördert primär Unternehmen in lokalem Besitz und führte eine unterstützende Industrie- und Innovationspolitik ein, einschließlich öffentlich-privater Forschungs- und Entwicklungsinitiativen sowie der Vergabe von Risikokapital. Neu gegründete öffentlich-private Forschungs- und Entwicklungskonsortien erleichterten den Technologietransfer zu lokalen Herstellern. Ohne diese Maßnahmen würde es Huawei wahrscheinlich nicht geben – zumindest nicht so, wie wir es heute kennen.
In seiner Anfangszeit verkaufte Huawei noch aus Hongkong importierte Telefonschalter. Schließlich wandelte sich das Unternehmen zu einem Hightech-Hersteller, der sich auf die eigene Forschung und Entwicklung verließ, anstatt ein Joint Venture mit einem multinationalen Unternehmen zu gründen. Auch der Wissenstransfer vom ausländischen Unternehmen Shanghai Bell an Huawei wurde durch ein öffentlich-privates Forschungs- und Entwicklungskonsortium ermöglicht. Dieses Konsortium erwies sich als wesentlicher Bestandteil des Wandels zu einem High-Tech-Hersteller.
Penang hinkt hinterher
Hingegen war die Entwicklungsförderung lokaler Unternehmen nie ein Ziel der politischen Klasse von Penang. Auch deswegen wird die Wirtschaft nach wie vor von multinationalen Unternehmen aus den USA dominiert, die sowohl in Penang als auch in Malaysia generell Jobs mit geringerer Wertschöpfung ansiedeln. Tätigkeiten mit höherer Wertschöpfung, wie zum Beispiel Forschung und Entwicklung, sind weiter im amerikanischen Mutterland zu finden. Große US-Firmen wie Intel und Motorola machen 50-70 Prozent der wichtigsten Patentanmelder in Penang aus, während der Anteil malaysischer Firmen von 20 Prozent in den 2000er-Jahren auf null seit Mitte der 2010er-Jahre gesunken ist.
Dass die Stadt dennoch Potenzial hat, liegt auch daran, dass ausländische Direktinvestitionen in Penang die Ausbildung gefördert haben. 1989 gründete die malaysische Regierung das Penang Skills Development Centre, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer über Qualifikationen verfügen, die den Ansprüchen multinationaler Unternehmen gerecht werden.
Das erklärt, warum viele multinationale Unternehmen in Penang geblieben sind, obwohl das Lohnniveau angestiegen ist. Dennoch haben die fehlenden einheimischen Innovationen in Penang dazu geführt, dass sich die Stadt im Gegensatz zu Shenzhen wesentlich langsamer entwickelte.
Aus diesen beiden gegensätzlichen Entwicklungsgeschichten lässt sich eine wichtige Lehre für Industrie- und Entwicklungsländer gleichermaßen ziehen. Ausländische Direktinvestitionen sind wichtig. Aber um sie optimal zu nutzen, sind Maßnahmen erforderlich, die einen langfristigen Prozess des Wissenstransfers und der einheimischen Innovation unterstützen. Wenn die USA in den Industrien der Zukunft führend sein wollen, sollten sie in Erwägung ziehen, öffentlich-private Forschungs- und Entwicklungsprogramme nach dem Vorbild von Shenzhen aufzulegen.
Die ursprüngliche Version dieses leicht abgeänderten Beitrags erschien im Project Syndicate.