Care-Arbeit

Der Schatten der Pandemie: Warum wir Arbeit neu denken müssen

| 07. April 2022
istock.com/goncharovaia

Hat die Corona-Pandemie Frauen in traditionelle Rollen zurückgeworfen? Es spricht viel dafür – auch, weil Care-Arbeit immer noch systematisch abgewertet wird. Aber so muss es nicht bleiben.

Es waren große Hoffnungen am Anfang der Pandemie: Könnte Corona zu einem Umdenken in der Gesellschaft führen, zu einer Neubewertung von Arbeit, zu mehr Gleichberechtigung? Im ersten Lockdown mussten sich plötzlich auch die ins Homeoffice verbannten Väter um Mittagessen und Homeschooling kümmern. Die Verkäuferin, die Pflegerin, die Erzieherinnen in der Notbetreuung waren plötzlich die Heldinnen des Alltags. Endlich wurde offenbar, was die Gesellschaft sonst ignoriert: Kneipen können schließen, Firmen die Produktion herunterfahren, aber Kranke, pflegebedürftige Menschen, Kinder müssen weiter versorgt werden – egal ob Pandemie ist oder nicht. Care-Arbeit rückte all die vielen Aufgaben in den Fokus der Aufmerksamkeit, die Tag für Tag anfallen, die meistens von Frauen erledigt werden, die wir als Gesellschaft so dringend brauchen und gleichzeitig so gering bewerten.

Liebe statt Lohn

Sich um andere Menschen zu kümmern, sie zu pflegen, zu versorgen, zu erziehen, ihnen emotional beizustehen – diese Fähigkeiten wurden und werden selbstverständlich Frauen zugesprochen. Die Zuschreibung hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert. Im Zuge der Industrialisierung kam es zur klaren Trennung zwischen der öffentlichen Sphäre der Erwerbsarbeit und der privaten Sphäre der Familienarbeit. Männern wurde der Bereich der bezahlten Erwerbsarbeit zugesprochen, Frauen die Familienarbeit und der Haushalt. Dieser galt seitdem nicht mehr als Arbeit, vielmehr wurde behauptet, Frauen widmeten sich diesen Tätigkeiten aus Liebe, wie Forscherinnen der Universität Hamburg im Film „Wie arbeiten und leben wir? Und was hat das mit Geschlecht zu tun“ aufzeigen. Diese systematische Abwertung von Care-Arbeit ist ein wesentlicher Grund, warum zwischen Frauen und Männern in Deutschland nach wie vor eine große Kluft besteht.

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