Dark Computing

Warum die USA den KI-Krieg gegen China verlieren

| 10. Juni 2025
IMAGO / Levine-Roberts

Monopolistische Profitgier, keine echten Innovationen: Die US-KI-Industrie gerät im Wettbewerb mit China ins Hintertreffen. Dafür droht ihr ein zweiter Dotcom-Crash.

Im Vorfeld des Börsencrashs Anfang der 2000er Jahre, bei dem die Technologiebörse Nasdaq von 5.000 auf unter 1.000 Punkte fiel, kam es zu einem massiven Überbau von Glasfaserverbindungen. Dies führte zu enormen Überkapazitäten und Unmengen ungenutzter „dunkler“ Glasfaserkabel.

Wiederholt sich dieses massive Herdendenken der Unternehmen mit den kolossalen Investitionen von OpenAI, Google, Meta, Apple, Microsoft und xAI? Wird Nvidia zum neuen Cisco, wenn sich das unglaubliche Umsatzwachstum in Luft auflöst, weil die Käufer erkennen, dass es einfach nicht genug profitable Nachfrage gibt, um auch nur annähernd die installierte Rechenleistung zu nutzen?

All diese Fragen führen direkt zum US-Modell der Künstlichen Intelligenz, das ein Produkt der monopolistischen und extraktiven Denkweise der US-Unternehmensführer ist. Echte Innovationen sind längst verschwunden, sie wurden durch monopolistische und oligopolistische Profitgier ersetzt.

Das Problem mit der Paywall-KI

Das US-Modell besteht darin, hinter einer großen Paywall, unterstützt von Anwälten für geistiges Eigentum, eine enorme KI-Rechenleistung aufzubauen, durch die die Anbieter – ein exklusiver Zirkel aus wenigen Unternehmen, die in der Lage sind, solch gigantische Rechenanlagen zu finanzieren – Monopol-/Oligopolgewinne erzielen können. Doch ein solcher Ansatz wird die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz von KI aufgrund der hohen Preise und Nutzungsbeschränkungen behindern.

Das Problem für die US-Anbieter besteht darin, dass die chinesischen Konkurrenten sich vorgenommen haben, dieses Modell grundlegend zu untergraben: mit einer Strategie aus AI-Modellen mit geringen Rechenanforderungen, kostengünstigem Zugang und Open Source. Diese Strategie umgeht die US-Exportbeschränkungen von High-End-AI-Chips (und selbst damit ist Huawei im Bereich der AI-Chips sehr wettbewerbsfähig) und erleichtert gleichzeitig die schnelle Einführung von AI-Modellen durch Softwareanbieter, Unternehmen und Behörden.

Für die Gesellschaft insgesamt liegt der größte Vorteil in der flächendeckenden Einführung neuer KI-Technologien und nicht darin, dass einige wenige exorbitante Gebühren verlangen und die Nutzung einschränken. Die chinesische Strategie könnte man mit „Lasst tausend Blumen blühen“ vergleichen, während der US-Plan darin besteht, ein paar wenige Blumen die Nährstoffe der anderen entziehen zu lassen.

Würde man die Dinge sich selbst überlassen, würde das Ergebnis deutlich zugunsten der chinesischen Strategie ausfallen, und die massiven Investitionen der US-Monopolisten sich als enorme Fehleinschätzung des Wettbewerbs erweisen. Aber US-Monopolisten verhalten sich so wie alle Monopolisten: Sie drängen bereits darauf, chinesische KI-Modelle und -Dienste wie Deepseek unter dem Vorwand der „nationalen Sicherheit“ in den USA zu verbieten. Angesichts der Verbreitung solcher kostengünstiger Modelle in China müssten die USA letztendlich alle chinesischen KI-Modelle verbieten.

Das wäre natürlich gut für die Monopolisten, aber schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit der USA insgesamt, die vom Rest der Welt abgehängt werden würde. Die Vereinigten Staaten würden zum Ostdeutschland der KI-Modelle avancieren, wie schon geschehen bei Elektroautos. Es stellt sich auch die Frage, wie die USA die Nutzung von KI-basierten Tools aus anderen Ländern, die chinesische Open-Source-Software verwenden, verhindern könnten.

Am 13. Mai versuchten die USA, noch eilig das Scheunentor zu schließen, nachdem bereits das chinesische KI-Pferd auf das Feld des nächsten Bauern galoppiert war. Das Bureau of Industry and Security des US-Handelsministeriums behauptete, dass die Verwendung von Huaweis Ascend-KI-Chips überall auf der Welt gegen die US-Exportkontrollen verstoße, und warnte vor „möglichen Konsequenzen” für alle, die amerikanische KI-Chips für das Training und die Inferenz chinesischer KI-Modelle verwenden.

Die erste Aussage anerkennt implizit, dass Huawei die US-Technologiekontrollen umgangen hat, indem es einen wettbewerbsfähigen Chip für KI entwickelt hat. Die zweite Aussage, dass chinesische KI-Modelle mindestens auf dem gleichen Niveau wie US-KI-Modelle sind. Die Warnung der USA ist also ein Akt der Verzweiflung und nicht der Stärke. Sie wird den chinesischen Staat nur dazu veranlassen, sich noch mehr von US-Hochtechnologie unabhängig zu machen und den US-Chipherstellern weiteren Schaden zuzufügen. Zumal der offensichtliche Versuch, der Welt ein US-Monopol auf KI aufzuzwingen, auch andere Länder dazu veranlassen wird, ihre Abhängigkeit von US-Hochtechnologieprodukten und geistigem Eigentum zu hinterfragen.

Dotcom-Crash 2.0?

Gleichzeitig gerät der US-KI-Zug ins Stocken. Einige Unternehmen haben begonnen, ihre Investitionen in Rechenzentren zu kürzen, während in China von einem Überangebot an Nvidia-High-End-Chips berichtet wird. Sobald das Wachstum nachlässt und das Phänomen des „Dark Computing” immer offensichtlicher wird, werden die bisherigen Investitionen und die Aktienmarktblase schnell zu einem sich selbst verstärkenden Crash führen.

Ein Unternehmen wie Nvidia hat zwar „nur” ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 36, was darauf schließen lassen könnte, dass das Unternehmen im Vergleich zu seinen Gewinnen günstig bewertet ist. Aber wenn die Käufer streiken, wird der Gewinn rapide sinken und das KGV sehr schnell in die Höhe getrieben. Dann wäre das Unternehmen im Vergleich zu seinen Gewinnen teuer bewertet. Die Investitionsausgaben börsennotierter Telekommunikationsunternehmen sanken von etwa 120 Milliarden US-Dollar im Jahr 2000 auf weniger als die Hälfte dieses Betrags im Jahr 2002; so schnell können Umsätze einbrechen, und die Gewinne brechen noch viel schneller ein.

Cisco finanzierte einen Großteil seines Wachstums durch Kredite an Unternehmen, die seine Hardware kauften. Eine Parallele zu der sehr engen Beziehung zwischen Nvidia und Coreweave. Nvidia rettete den Börsengang von Coreweave mit einer Investition in Höhe von 250 Millionen US-Dollar. Hinzu kommt, dass OpenAI von Finanzmitteln von Softbank, einem ewigen Verlierer bei Technologieinvestitionen, abhängig ist, um den massiven Ausbau fortzusetzen. OpenAI zeigt keinen vernünftigen Weg zur Rentabilität, und Softbank hat bereits seine Kreditaufnahmekapazitäten zur Finanzierung seiner ersten Verpflichtungen gegenüber OpenAI ausgeschöpft.

Die Monopolisten, die nicht in der Lage sind, mit ihren enormen Investitionen in Rechenleistung Monopolgewinne zu erzielen, werden gezwungen sein, diese Investitionen abzuschreiben, was wiederum zu hohen finanziellen Verlusten führen wird. Die Geschäftsmodelle von reinen KI-Anbietern wie OpenAI und xAI werden sich als völlig unbrauchbar erweisen, und ihr vermeintlicher finanzieller Wert wird rapide schwinden.

Das alles liest sich wie eine Dokumentation über den „Dotcom-Crash” im Jahr 2000. Allerdings sind die beteiligten Akteure heute viel stärker verschuldet und die Finanzintermediäre viel weniger vertrauenswürdig als damals. Seit der globalen Finanzkrise 2008 und der durch COVID verdeckten Finanzkrise von 2019 sind die US-Finanzmärkte durch sehr hohe US-Haushaltsdefizite und eine kolossale Bilanz der Federal Reserve gestützt.

Mit anderen Worten: Eine weitere Blase in der ohnehin schon langen Liste von Blasen, die durch die massive Deregulierung der Finanzmärkte in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, wird platzen. Es gibt nur einen einzigen Weg, die Führungskräfte der US-Unternehmen wieder dazu zu bringen, echte Wettbewerbsvorteile aufzubauen, anstatt brüchige Monopole und Oligopole, die der US-Wirtschaft die kreative Kraft rauben und den Lebensstandard der Mehrheit zerstören. Er besteht darin, das Finanzsystem wieder in die Zwangsjacke des New Deal zu stecken, Aktienrückkäufe und Aktienoptionen für Führungskräfte zu verbieten und die Kartellgesetze sehr aggressiv durchzusetzen.

Angesichts des festen Zugriffs der Oligarchen auf den US-Staat wird natürlich nichts davon geschehen. Stattdessen werden die USA weiter hinter China zurückbleiben, das den Finanzsektor streng kontrolliert und Unternehmensführer bei Bedarf diszipliniert.