Die Kapitalisten kreisen über der Ukraine
Während der Krieg tobt, werden die Forderungen des Westens nach "Strukturreformen" in der Ukraine immer lauter. Das Land öffnet sich für Investoren und eine zweite Schocktherapie.
Vor zwei Wochen versammelten sich Tausende von Unternehmens- und Regierungsvertretern aus der ganzen Welt in London, um "die Rekonstruktion der Ukraine zu unterstützen". Aber war das Treffen all dieser westlichen Wirtschafts-Eliten zur "Ukrainischen Wiederaufbaukonferenz" völlig uneigennützig? Immerhin bietet der Krieg enorme Gewinnchancen.
Letztes Jahr beauftragte die ukrainische Regierung BlackRock, die größte Vermögensverwaltungsgesellschaft der Welt, mit der Koordination des gesamten "Wiederaufbauprozesses" der Nachkriegszeit. Die unterzeichnete Vereinbarung beauftragt das Unternehmen "beratende Unterstützung bei der Gestaltung eines Investitionsrahmens [zu] leisten, mit dem Ziel, Möglichkeiten für öffentliche und private Investoren zu schaffen, sich am künftigen Wiederaufbau und der Erholung der ukrainischen Wirtschaft zu beteiligen". Im Februar wurde auch J.P. Morgan mit ins Boot geholt.
Die beiden Banken werden einen Entwicklungsfonds für die Ukraine betreuen, mit dem Zweck, private Projekt-Investitionen im Wert von Hunderten von Milliarden Dollar in Sektoren wie Technologie, natürliche Ressourcen, Landwirtschaft und Gesundheit zu tätigen. BlackRock und J.P. Morgan stellen ihre Dienste kostenfrei zur Verfügung. Aber, wie die Financial Times anmerkte, "die Arbeit wird ihnen einen frühzeitigen Einblick in mögliche Investitionen in dem Land geben". Die Möglichkeiten sind groß, insbesondere im Agrarsektor: Die Ukraine verfügt über ein Viertel des weltweiten Tschernozem ("Schwarzerde"), eines außerordentlich fruchtbaren Bodens, und war vor dem Krieg der weltweit größte Produzent von Sonnenblumenmehl, -öl und -samen und einer der größten Exporteure von Mais und Weizen.
In gewisser Hinsicht ist der Krieg eindeutig vorteilhaft für die Wirtschaft: Je größer die Zerstörung, desto größer die Chancen für den Wiederaufbau. In Davos sagte Larry Fink, CEO von BlackRock: Er hoffe, dass die Initiative das Land zu einem "Leuchtturm des Kapitalismus" machen werde. David Solomon, CEO von Goldman Sachs, äußerte sich ebenfalls optimistisch über die Nachkriegszukunft der Ukraine: "Es steht außer Frage, dass es beim Wiederaufbau gute wirtschaftliche Anreize für echte Rendite und echte Investitionen geben wird."
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