Editorial

Deutschland. Aber sozial.

| 11. Juli 2024
@midjourney

Liebe Leserinnen und Leser,

willkommen in einer neuen Woche. Wenn es um sozialpolitische Fragen geht, handelt es sich immer auch um rechtliche Fragen. Denn im 20. Artikel des Grundgesetzes, einem Ewigkeitsparagrafen, steht verbrieft: die Bundesrepublik ist ein „demokratischer und sozialer Rechtsstaat“.

Wie man dieses Sozialstaatsgebot ausgelegt, bleibt gleichwohl eine politische Frage, die sich nicht nur auf die Parlamente beschränkt – auch wenn es dort gerade unter Beschuss gerät: „einmal Zuckerbrot, für fünf Mal Peitsche“, konstatiert der Ökonom Maurice Höfgen mit Blick auf die Bürgergeld-Verschärfungen.

Woher dieser Angriff auf den Sozialstaat kommt? Nun, auch die Staatsbürger debattieren über die Zukunft des Sozialstaates und beeinflussen wiederum die Parlamentarier. Insbesondere die „Vierte Gewalt“ in Form der Massenmedien hat einen großen Einfluss – zunehmend auch online.

Was bedeutet es in diesem Lichte für unsere Soziale Demokratie, wenn die drittgrößte überregionale Tageszeitung FAZ nicht nur mit unfreiwillig komischen Stilblüten bei ihrer Stimmungsmache gegen den Sozialstaat glänzt, sondern die Erhöhung des BAföG-Satzes als Verfassungsfrage in Zweifel zieht? Unser Autor Harmut Reiners findet dazu klare Worte.

Diese und weitere Themen finden Sie in unserer neuen Ausgabe:

  • Frankreich: Von der Krise ins Chaos Die wichtigste Konsequenz aus den Wahlen zum EU-Parlament hatte niemand auf dem Schirm: Macrons Entscheidung, nach seiner Niederlage und dem Erfolg von Le Pen die Nationalversammlung neu wählen zu lassen, ist von enormer Tragweite – weitaus mehr als die im Vergleich eher nachrangige EU-Wahl. Peter Wahl
  • Die Ampel schafft das Bürgergeld ab Die Ampel will Arbeitslose mit Knallhart-Sanktionen in den Arbeitsmarkt drängen. Ohne Konjunkturpaket wird das aber scheitern – und viel Leid erzeugen. Maurice Höfgen
  • Das Schlaraffenland aus der Steckdose Die FAZ führt ihre Kampagne gegen den Sozialstaat mit Formulierungen, die Reif für Stilblütensammlungen sind. Aber ihr Politikredakteur Reinhard Müller verirrt sich nicht nur stilistisch, sondern auch mit seiner Einschätzung zur Verfassungsmäßigkeit der BAföG-Sätze. Hartmut Reiners
  • Das unheilvolle Bündnis von Zins und Geld Zentral- und Geschäftsbanken verleihen Geld in aller Regel nicht ohne einen Preis, den Zins. Doch es gibt einige Argumente gegen die Verzinsung. Franz Schneider
  • Staat = Zentralbank: wirklich? Eine politisch kontrollierte Zentralbank ist eine schöne Idee. Doch geltende Regelsysteme lassen sich nicht einfach ignorieren. Die jetzigen Gegebenheiten müssen für eine nüchterne Analyse schlechterdings berücksichtigt werden. Gerd Grözinger
  • „Wir haben keine Brücken mehr“ Heute gibt es keine Lösung für den Nahost-Konflikt, sagt Alastair Crooke. Vielleicht sei sogar ein größerer Krieg nötig, bevor wir an dem Punkt ankommen, an dem eine Lösung möglich ist. Die Redaktion
  • Zukunft der US-Außenpolitik: Stärke mit oder ohne Werte? Die Trump nahe Strategen wollen die USA zu alter wirtschaftlichen und militärischen Stärke führen; Werte sind dabei zweitrangig. Für Progressive sind es gerade letztere, die sie den amerikanischen Hegemonialanspruch nicht aufgeben lässt. Ulrike Simon
  • Leb‘ wohl, Paul Davidson! Paul Davidson, einer der einflussreichsten postkeynesianischen Ökonomen, ist Ende Juni im Alter von 93 Jahren gestorben. Ein Abschied von dem großen Ökonomen und Gründer des Journal of Post Keynesian Economics. John E. King