Corona-Krise und Care-Arbeit: Nicht mehr als Beifall?
Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei. Aber die außerordentlichen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Maßnahmen, die in ihrer Anfangsphase ergriffen wurden, sind weitgehend ausgelaufen. Eine Bestandsaufnahme ihrer Auswirkungen, beginnend mit der Reproduktionsarbeit.
Die Coronavirus-Krise hat zu einer verstärkten – wenn auch bisher eher symbolischen – Aufwertung von (bezahlter und unbezahlter) Care- bzw. Reproduktionsarbeit geführt, die traditionell von Frauen dominiert wird. Dazu zählen zum Beispiel Pflegearbeit (für Kranke, aber auch für sehr junge und sehr alte Menschen), Erziehung (Hausunterricht) oder Nahrungszubereitung. Da die Menschen zunehmend von zu Hause aus arbeiten, ist die moderne Trennung zwischen Wirtschaft und Haushalt zusammengebrochen. Große Teile der Gesellschaft haben erkannt, dass diese Arbeit nicht nur schlecht bezahlt, sondern oft auch sehr anstrengend oder sogar gefährlich ist. Dementsprechend sind viele Rufe nach einer positiven Neubewertung der Reproduktionsarbeit zu hören, sogar von Mainstream-Politikern.
Ist dies nur vorübergehend oder führt es zu einem dauerhaften Wandel der Arbeitswelt?
Politische Ökonomie und Reproduktionsarbeit
Antworten liefern Arbeiten der Politischen Ökonomie zu den Geschlechterverhältnissen. So weisen etwa die Forscherinnen Michelle Lokot und Amiya Bhatia auf die Tatsache hin, dass Frauen den größten Teil der Reproduktionsarbeit im Haushalt leisten. Frauen verbringen durchschnittlich 201 Tage im Jahr mit unbezahlter Betreuungsarbeit, während Männer 64 Tage damit verbringen. Reproduktionsarbeit ist in den offiziellen Wirtschaftsdaten oft "unsichtbar". Dennoch ist sie ebenso wichtig wie die formelle Wirtschaft und für das Überleben unserer Gesellschaften unverzichtbar.
Darüber hinaus ist die ungleiche Verteilung der Reproduktionsarbeit nicht nur ein Problem für die Gleichstellung der Geschlechter, sondern hat auch massive Auswirkungen in Form von Lohneinbußen, Sozialversicherungsleistungen und Karrierechancen für diejenigen, die den Löwenanteil dieser Arbeit leisten. Die Pandemie hat die Bedeutung dieser Arbeit sehr deutlich gemacht. Führt sie auch zu einer gerechteren Verteilung?
Hier verdeutlichen politökonomische Arbeiten zu den Geschlechterverhältnissen die hohen institutionellen Hürden, die überwunden werden müssen, um eine höhere Wertschätzung der Reproduktionsarbeit außerhalb der Familie (beispielsweise in Krankenhäusern) zu erreichen. Auch hier wird diese Arbeit hauptsächlich von Frauen getragen, die weltweit etwa 70 Prozent der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen ausmachen, wie Lokot und Bhatia zeigen. Diese Arbeit wird in der Regel schlecht bezahlt und leidet oft unter unattraktiven Arbeitsbedingungen.
Dies ist zum Teil auf höchst problematische soziale Zuschreibungen zurückzuführen, die beispielsweise besagen, dass diese Arbeit keine besonders hohen Qualifikationen erfordere. Aus Sicht der Politischen Ökonomie sind die niedrige Bezahlung und die schlechten Arbeitsbedingungen jedoch eng mit der Schwäche der Gewerkschaften in diesen Sektoren verbunden. Die Beschäftigten in diesen Berufen – Erziehung, Gesundheit und Soziales – sind traditionell relativ schwach in die Tarifverhandlungssysteme eingebunden. Teilzeitarbeit – um diese mit der Kinderbetreuung zu verbinden – erschwert die gewerkschaftliche Organisierung.
Außerdem gibt es für diese Beschäftigten nur wenige Möglichkeiten, außerhalb des Sektors zu arbeiten, entsprechend schwach ist ihre Verhandlungsposition. Die Pandemie verbessert ihre Verhandlungsposition, aber führt sie auch zu besseren Arbeitsbedingungen?
Schließlich sind diese Sektoren in den Volkswirtschaften des globalen Nordens häufig auf Migrantinnen angewiesen, was die Organisierung der Arbeit noch schwieriger macht. Es gibt eine sehr hohe Zahl von Frauen aus dem globalen Süden und den osteuropäischen Transformationsländern, die in die reichen Volkswirtschaften Nordamerikas, Westeuropas oder der Golfregion "exportiert" werden, um dort Dienstleistungen in den Bereichen Kinderbetreuung, Hausarbeit oder Altenpflege zu erbringen. Für Länder wie die Philippinen oder Sri Lanka sind die Rücküberweisungen dieser Frauen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Die Kernfrage ist, ob die Bedeutung dieser Arbeit während der Pandemie zu einem höheren Schutz dieser Hausangestellten führt, zum Beispiel durch Sozialversicherungssysteme, schriftliche Verträge, Mindestlöhne oder menschenwürdige Lebensbedingungen.
Doppelverdiener-Paare in der Pandemie
Die Empirie der frühen Phase der Coronavirus-Krise zeigt deutlich, dass sich die Ungleichheit in der reproduktiven Arbeit in den Familien angesichts der geschlechtsspezifischen Unterschiede noch verstärkt hat. Während der Coronavirus-Krise hat die Schließung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen den Bedarf an Kinderbetreuung stark erhöht. Die Herausforderung für Familien und Alleinerziehende wurde noch dadurch verschärft, dass die Großeltern aufgrund der höheren Sterblichkeitsrate älterer Menschen oft nicht einspringen konnten. Im Allgemeinen verbrachten Mütter mehr zusätzliche Zeit mit Kinderbetreuung und Hausunterricht als Väter.
In Deutschland hat sich der Anteil der Haushalte, in denen Mütter die Kinderbetreuung (fast) vollständig übernehmen, sogar verdoppelt, von 8 auf 16 Prozent. In vielen ärmeren Gesellschaften wie Kenia und den Philippinen hat sich die geschlechtsspezifische Diskrepanz bei den Stunden der Reproduktionsarbeit im Haushalt sogar noch weiter vergrößert.
Die Verschärfung der ungleichen Verteilung der Reproduktionsarbeit hat auch Auswirkungen auf die materiellen Bedingungen. Kurzfristig hat sie das geschlechtsspezifische Lohngefälle vergrößert und die Erwerbsquote von Frauen verringert. In Deutschland haben 27 Prozent der Mütter in Haushalten mit mindestens einem Kind ihre Erwerbsarbeit während der ersten Welle der Pandemie reduziert, aber nur 16 Prozent der Väter.
Langfristig kann die Coronavirus-Krise jedoch möglicherweise dazu beitragen, das Phänomen der asymmetrischen Verteilung der Reproduktionsarbeit zu verringern. Erstens hat die Coronavirus-Krise den Trend zur Fernarbeit, also zur Arbeit von zu Hause aus, verstärkt. Das „home office“ ermöglicht mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten in vielen Branchen. Im Prinzip eröffnet sie Männern in diesen Branchen einen leichteren Weg, von zu Hause aus zu arbeiten und einen größeren Anteil der Reproduktionsarbeit zu übernehmen, insbesondere wenn sie mit Präferenzen für eine gleichmäßige Aufteilung dieser Aufgaben einhergeht.
Eine Studie über die Auswirkungen der Einführung der Telearbeit in Deutschland während der frühen Phase der Coronavirus-Krise zeigt in der Tat, dass Väter immer mehr Zeit mit reproduktiver Arbeit verbringen, während Mütter ihr reproduktives Arbeitspensum allerdings noch stärker erhöhen. Außerdem haben viele Arbeitgeber die Bedeutung des Kinderbetreuungsbedarfs ihrer Mitarbeiter erkannt. Häufig haben diese Arbeitgeber flexiblere Arbeitszeiten eingeführt, um diesem Bedarf gerecht zu werden. Dies bietet auch vielen Vätern die Möglichkeit, ihren Anteil an der Kinderbetreuung zu erhöhen.
Beide Veränderungen werden jedoch nicht viel bewirken, wenn sich die sozialen Normen nicht ändern. Für Letzteres gibt es erste zarte Anzeichen. Zumindest während der Coronavirus-Krise haben nicht nur Mütter, sondern auch viele Väter eine größere Verantwortung für die Kinderbetreuung übernommen als zuvor. Das liegt auch daran, dass viele Frauen wichtige Berufe ausübten – als Ärztin und Krankenschwester, aber auch in Lebensmittelgeschäften und Apotheken – und damit ihre Partner zwangen, von etablierten Mustern abzuweichen. Empirische Studien über Doppelverdiener-Elternpaare in Australien zeigen, dass sich die geschlechtsspezifische Diskrepanz bei den Betreuungsstunden sogar verringert hat, weil die relative Zunahme der Kinderbetreuung bei den Vätern ausgeprägter war als bei den Müttern, obwohl die absolute Zunahme der unbezahlten Arbeitsstunden bei den Müttern immer noch höher war.
Ähnliche Ergebnisse wurden im Vereinigten Königreich gemessen, einschließlich einer höheren absoluten Belastung durch die verstärkte Kinderbetreuung durch Frauen, aber auch, dass in einer beträchtlichen Anzahl von Haushalten Männer sogar die Rolle des primären Kinderbetreuers übernahmen. Erhebungen der Soziologinnen Michaela Kreyenfeld und Sabine Zinn zu den Auswirkungen der Frühphase der Coronavirus-Pandemie in Deutschland deuten darauf hin, dass insbesondere ein Teil der Männer mit niedrigem und mittlerem Bildungsniveau ihr Verhalten in Bezug auf die Reproduktionsarbeit deutlich verändert hat. Dies ist zwar auch darauf zurückzuführen, dass diese Väter häufig von Arbeitslosigkeit betroffen oder in Kurzarbeit waren (und Mütter in Deutschland in der Regel den Löwenanteil der zusätzlichen Reproduktionsarbeit übernahmen), bietet aber dennoch die Möglichkeit für langfristige Verhaltensänderungen.
Eine bessere Bezahlung ist unwahrscheinlich
Die Reproduktionsarbeit außerhalb des Haushalts in Bereichen wie dem Gesundheitswesen war während der Pandemie besonders gefährlich und brachte viele Frauen in große Gefahr. Dieser Mut der "unentbehrlichen Arbeitskräfte" wurde weithin gelobt, blieb aber meist ohne dauerhafte (materielle) Folgen. Die Coronavirus-Krise hätte eine ausgezeichnete Gelegenheit geboten, um eine bessere Bezahlung in Bereichen wie dem Gesundheitswesen durchzusetzen, da die lebenswichtige Bedeutung dieser Sektoren überdeutlich wurde. Etwa 70 Prozent der weltweit im Gesundheitssektor beschäftigten Arbeitskräfte sind Frauen. Die Berufsethik in diesem Sektor lässt jedoch keine Arbeitskampfmaßnahmen während einer Pandemie zu, und die meisten Arbeitgeber haben die symbolische Wertschätzung nicht mit einer materiellen verbunden. Dementsprechend scheint es nicht wahrscheinlich, dass die Pandemie zu einer grundlegend besseren Bezahlung der bezahlten Reproduktionsarbeit führen wird.
Transnationale Pflegeketten und die Pandemie
Die Abhängigkeit von transnationalen Versorgungsketten warf während der Coronavirus-Krise besondere Probleme auf. Erstens wurden diese Ketten häufig durch plötzliche Grenzschließungen unterbrochen, was zu großen Schwierigkeiten sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite der Pflegearbeit führte. Darüber hinaus hat die Pandemie denjenigen transnationalen Pflegekräften, die in ihrem Beschäftigungsland geblieben sind, das Leben schwer gemacht. Sie verpassten nicht nur den Kontakt zu ihren Familien, sondern sahen sich auch mit großem Druck konfrontiert, da die Familien in der Heimat aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Lage im Herkunftsland eher mit einer Zunahme als mit einer Abnahme der Überweisungen rechnen.
In den meisten Fällen war es jedoch sehr schwierig, die Beschäftigung zu erhöhen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Schlimmer noch, weibliche Hausangestellte befanden sich oft in einer gefährlichen Situation, da sie gezwungen waren, ihre Dienste fortzusetzen, obwohl ihre Arbeitgeber mit dem Coronavirus infiziert waren. Andere Hausangestellte wurden von ihren Arbeitgebern ohne Bezahlung im Stich gelassen (und liefen Gefahr, abgeschoben zu werden), da sich deren wirtschaftliche Lage während der Rezession verschlechterte.
Alles in allem führte die positivere Neubewertung der Reproduktionsarbeit nicht zu einer Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer in den transnationalen Versorgungsketten, sondern verschlimmerte ihre Lage eher noch.
Gunst der Stunde nutzen: eine Neubewertung der Reproduktionsarbeit
Trotz der rhetorischen Aufwertung vieler Formen der Reproduktionsarbeit während der Coronavirus-Krise sind positive Ergebnisse für die Menschen, die diese Arbeit leisten, selten. Kollektive Arbeitskämpfe in der Reproduktionsarbeit fanden kaum statt. Teilweise hat sich die Situation sogar noch verschärft, insbesondere für die Menschen, die in transnationalen Versorgungsketten arbeiten. Ebenso hat die Ungleichheit bei der Verteilung der Reproduktionsarbeit innerhalb der Familien weiter zugenommen. Die zunehmenden Möglichkeiten der Fernarbeit und die sich ändernden sozialen Normen haben jedoch das Potenzial, langfristig zu einer gerechteren Verteilung beizutragen.
Die Erfahrungen mit der Pandemie zeigen, dass die Regierungen Maßnahmen ergreifen müssen, um negative Folgen künftiger Krisen zu verhindern. Dazu zählen insbesondere die Verbesserung des rechtlichen Status von Wanderarbeitskräften in der Pflege und die allgemeine Ausweitung des Geltungsbereichs von Tarifverträgen in Sektoren mit bezahlter Reproduktionsarbeit.
Wie könnte die unbezahlte Reproduktionsarbeit innerhalb der Familien verteilt und die besondere Herausforderung für Alleinerziehende abgemildert werden? Möglich wäre es, die staatlichen Zuschüsse für diejenigen Eltern zu erhöhen, die zu Hause bleiben, um ihre Kinder zu betreuen, wenn Schulen und Kindertagesstätten geschlossen sind.
Es besteht jedenfalls Hoffnung, dass sich die gesellschaftlichen Normen während der Krise etwas geändert haben und mehr Väter als früher eine angemessene Rolle bei der Kinderbetreuung übernehmen. Frühere Erfahrungen mit extern ausgelösten zeitlichen Veränderungen der Geschlechterrollen haben gezeigt, dass diese Veränderungen von Dauer sein können. Ein Beispiel dafür ist der starke Anstieg der Erwerbsbeteiligung von Frauen aufgrund der Abwesenheit von Männern während des Zweiten Weltkriegs.
Nachhaltige Effekte hinsichtlich einer positiven Neubewertung der bezahlten Reproduktionsarbeit werden schließlich nur möglich sein, wenn die Gewerkschaften die Chance ergreifen und während der anhaltende Gesundheitskrise substanzielle Verbesserungen aushandeln. Der Streik an den Uni-Kliniken in NRW war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Wird diese Chance vertan, könnten nach dem Ende der Krise die alten Mechanismen zur Abwertung dieser Arbeit wieder greifen.
Dieser Text beruht auf Kapitel 4 „Reproductive Work: Positive Re-evaluation or the Same Old Neglect” in: Andreas Nölke: Post-Corona Capitalism: The Alternatives Ahead, Bristol: Bristol University Press 2022.