Fall Brosius-Gersdorf

Wahl von Verfassungsrichtern: eine Alternativoption

| 12. August 2025
IMAGO / Metodi Popow

Verfassungsrichter werden formell durch Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat bestimmt, informell vorher ausgekungelt. Das Verfahren stößt nun an seine politischen Grenzen. Eine Alternative wäre ein gewichtetes Losverfahren samt Notbremse für Extremkandidaten.

Die Affäre um die gescheiterte Kandidatin Brosius-Gersdorf hat für das Verfahren für die Wahl von Bundesverfassungsrichtern wieder grundsätzlicheres Interesse geweckt. Es stellt sich die Frage, ob das jetzige Vorgehen immer noch angemessen ist, obwohl die politischen Machtverhältnisse in Deutschland stark in Bewegung sind. Mit einem konkreten Vorschlag vorgeprescht ist bisher nur der rechtskonservative Kulturstaatssekretär Wolfram Weimer, der das jetzt geltende Procedere mit einer nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag gerne zu einem Version mit einer einfachen Mehrheit herabstufen würde. Argument: es gäbe mittlerweile zu viele ‚Extremisten‘ im Parlament.

Es bleibt Weimers Geheimnis, wie er diese Position mit der Geschichte der gerade missglückten Wahl in Übereinstimmung bringen will. Denn es waren weder AfD noch Linke – bei dem früheren ‚Cicero‘-Gründer wird da natürlich nicht differenziert –, die hier Schuld tragen, sondern ausschließlich seine Parteiengruppierung, die CDU/CSU. Brosius-Gersdorf war innerhalb der kleinen Großen Koalition vorher von den Justiziaren der beteiligten Fraktionen durchleuchtet und dabei als genauso akzeptabel eingeschätzt worden wie die beiden anderen Kandidaten. Der Wahlausschuss für die Richter des Bundesverfassungsgerichts des Bundestags hatte mit Zwei-Drittel-Mehrheit – also auch mit den Stimmen von CDU/CSU – zugestimmt, die endgültige Wahl war auf der Tagesordnung des Bundestags. Bis, nach einer vor allem im Netz betriebenen Schmutzkampagne, der sich zeitweise auch ein Teil der katholischen Kirche anschloss, die konservative Fraktion buchstäblich in letzter Stunde kleinlaut zugab, dass zu viele ihrer Abgeordneten eine Zustimmung verweigern würden.

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