Makroskop
EDITORIAL

Geeintes EUropa – der geplatzte Traum

| 18. September 2025
@midjourney

Liebe Leserinnen und Leser,

die älteren von Ihnen erinnern sich sicher noch: die Europäische Union wollte ein Projekt der Stärke sein – ökonomisch und politisch, gewachsen aus den Lehren der Geschichte. Viele Krisen später ist davon nicht viel mehr übriggeblieben als die leere Rhetorik von Ursula von der Leyen.

Der Traum eines souveränen und machtvollen Europas ist geplatzt, weil Anspruch und Wirklichkeit immer weiter auseinanderklaffen. Und weil das technokratische Monster EU reformunfähig ist. Schon lange sind die selbstsicheren Lobeshymnen aus dem Elfenbeinturm der Ökonomik auf das vermeintliche Erfolgsmodell Euro und gemeinsamer Binnenmarkt verstummt.

Der Euro, als Symbol europäischer Einheit gedacht, hat die Kluft zwischen Nord und Süd vertieft. Der angestrebte Angleichungsprozess hat sich in sein Gegenteil verkehrt. Für viele Länder ist der Euro kein Motor, sondern eine Fessel, die Wachstum verhindert, Wettbewerb verzerrt und Krisen verschärft.

Europa, einst durch Offenheit und Dynamik reich geworden, hat – dafür hätte es den Draghi-Bericht nicht gebraucht – den Anschluss an die Großmächte USA und China längst verloren. Auf der einen Seite ersticken fiskalische Fesseln und ökonomische Dogmen die volkswirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedsstaaten, auf der anderen Seite Überregulierung sowie zahllose bürokratische Verordnungen und Gesetze wichtige Innovationen.

Nur das jüngste Krisensymptom des ins Extrem getriebenen Supranationalismus ist die Lage in Frankreich: Die nach den willkürlich definierten Maastricht-Kriterien zu hohen Staatsschulden des Landes haben nicht zum ersten Mal eine Regierungskrise ausgelöst. Macron wird in Brüssel und Berlin um jeden Preis gestützt – nicht aus Überzeugung, sondern weil sein Sturz das fragile französische aber auch innereuropäische Machtgefüge ins Wanken bringen könnte.

Das Muster könnte deutlicher kaum sein: Unfähig zu grundlegenden Reformen, verwaltet die EU-Kommission ihre Probleme und verlangt noch mehr Kompetenzen – heißt: noch mehr von der falschen Medizin. Der große Traum von Integration und neuer Stärke ist an einer dysfunktionalen Architektur gescheitert. Weil weniger manchmal mehr ist, steht Europa an einem Scheideweg: Rückbau oder Absturz.

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