Die Weltwirtschaft im Zeichen der Energiewende
Liebe Leserinnen und Leser,
China steckt in der Deflation. Eine tiefe Immobilienmarktkrise, die auch die kommunalen Finanzen und das Bankensystem belastet, drosselt die Binnennachfrage. Das aufstrebende Land untertrifft die von der kommunistischen Regierung gesteckte Wachstumsmarke von 5 Prozent und sucht daher wieder verstärkt über den Export einen Ausgleich für die heimischen Probleme. Was auf den ersten Blick schlecht für die Weltwirtschaft ist, kann auch eine Chance sein: fortschrittliche und kostengünstige Technologien, die den grünen Wandel in China vorantreiben, könnten durch Direktinvestitionen zum Zugpferd der globalen Energiewende werden. Das Problem dabei: die hohen Handelsbarrieren. Die USA haben hohe Zölle auf die Einfuhr von Elektrofahrzeugen, Solarmodulen und Batterien aus China erhoben, und auch die EU bewegt sich in eine ähnliche Richtung – unter dem Protest der Bundesregierung und der deutschen Automobilindustrie.
Indes schlägt der Währungsfonds neue Wege ein und setzt auf Reformen, die Innovationen und neue Technologien unterstützen sollen. Auch hier stehen der Klimawandel und die notwendige Energiewende im Zentrum. Das Wirtschaftswachstum soll möglichst alle und nicht nur wenige begünstigen. Das Gemisch aus Reformen und neu ausgerichteter Makrowirtschaftspolitik soll die Weltwirtschaft nach gelungener sanfter Landung auf einen neuen Kurs nachhaltigen und integrativen Wachstums bringen.
Von diesem Kurs ist Deutschland, eines der am langsam wachsenden Industrieländer, weit abgekommen. Dennoch bleibt das Thema Haushaltskonsolidierung und Sparpolitik ein Dauerbrenner – fast unabhängig davon, wie schlecht die wirtschaftliche Lage auch sein mag. Die Ampel hofft auf Glück und den anziehenden Motor der Weltwirtschaft, eine wieder steigende Nachfrage nach deutschen Autos aus China inklusive. Doch dieser Glücksfall – die große Erholung, die die Ampel retten könnte – wird wohl nicht eintreten. Und so liegt auch die Energiewende in Deutschland vorerst auf Eis.
Diese und weitere Artikel finden Sie in unserer neuen Ausgabe:
- Der Handelsstreit mit China verschleppt die Energiewende Fortschrittliche und kostengünstige Technologien treiben den grünen Wandel in China voran. Chinesische Direktinvestitionen könnten auch für andere Länder ein praktikables Modell sein – wären da nicht die hohen Handelsbarrieren. Michael Spence
- Amerika und die Welt – Wohin geht die Reise? Für den IWF ist die Schlacht gegen die weltweite Inflation gewonnen. Dennoch blickt der Fonds mit einigen Sorgen in die Zukunft. Jörg Bibow
- „Es wird keine große Erholung geben, die die Ampel retten könnte“ In seinem neuen Buch „Fehldiagnosen“ zeichnet der Ökonom Tom Krebs die politischen Auseinandersetzungen um die Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise nach. Er lässt keinen Zweifel daran: Der Marktliberalismus hat dem Krisenmanagement eher geschadet als genutzt. Malte Kornfeld
- Der Verrat Der Verrat am eigenen Markenkern führte zum Niedergang der Grünen. Peter Grassmann
- Endliche Bedürfnisse Was die Boni der Banker, fünfzehntausend Klimawissenschaftler und Jason Hickel miteinander zu tun haben. Dirk Bezemer
- Lang ist es her mit der Zivilisation – müssen wir sie neu erlernen? Wer Zivilisierung einfordert, muss über Ökonomie sprechen. Jede zivilisatorische Errungenschaft steht durch den Neoliberalismus und (noch) rechtere Kräfte unter Beschuss. Ein Plädoyer, Lehren aus der Geschichte ziehen. Yusuf Karaaslan
- Von der zerstörerischen Kraft des Geldsystems Das aktuelle Geld- und Finanzsystem verursacht einen weltweiten Zerstörungsfeldzug gegen soziale und ökologische Systeme, sagt der Ökonom Felix Fuders. Er plädiert für eine radikale Reform. Franz Schneider
- Electoral College: finsterer Anfang, problematische Gegenwart, bessere Zukunft? Das Electoral College in den USA ist historisch ein Ergebnis der Sklaverei und wird heute als zunehmend dysfunktional anerkannt. Eine Gegenbewegung versucht über die Bundesstaaten das Popular Vote an seine Stelle zu setzen. Das Vorgehen könnte auch eine Lehre für Deutschland beinhalten. Gerd Grözinger