Der Scheidungsbrief
Die finale Provokation von Finanzminister Lindner hat seine Entlassung bezweckt und damit die Ampel beerdigt. Stein des Anstoßes war das Wirtschaftswendepapier des Finanzministers, mit dem er klassische liberale Ideen propagiert und sich fundamental von den Ex-Koalitionspartnern abgrenzt. Überraschend oder neuartig ist sein Inhalt aber keineswegs.
Das Medienecho auf das Papier für eine Wirtschaftswende von Ex-Finanzminister Christian Lindner war größer als es sein dürfte – jedenfalls, wenn man die Breite der Berichterstattung am Neuigkeitswert des Inhalts ausrichten möchte. Doch in der radikalliberalen Form, mit der das Papier die Ampelpolitik zuspitzen sollte, war ein endgültiger Bruch mit der Koalition nur eine Zeitfrage. Denn die Liberalen schienen generell nicht mehr kompromissbereit zu sein. Wer allerdings eine Frischzellenkur für die deutsche Wirtschaft erwartet hat, dürfte enttäuscht werden. Denn Lindner betet vor allem Politik vor, wie sie für die Agenda 2010 charakteristisch war.
Die Diagnose ist in Teilen richtig
Lindner zufolge werde Deutschland durch fünf Bedingungen ausgebremst: Geringes Produktivitätswachstum, zu wenige Arbeitsstunden, überambitionierte Klimaschutzmaßnahmen, ein hoher Investitionsstau und die Fragmentierung der Weltwirtschaft. Zwar stimmt es, dass die lange aufgeschobenen Investitionen in Bildung und Infrastruktur die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft beeinträchtigen. Und auch die Produktivität in Deutschland bewegt sich mit Ausnahme eines coronabedingten Einbruchs 2020 seit fünf Jahren auf etwa dem gleichen Niveau. Aber die Gründe dafür werden bestenfalls dürftig analysiert.
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