Ohne Demokratie geht es nicht
Die Diskussion um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zeigt die Folgen einer Europäischen Integration, die sich schon zu lange auf das Handeln unabhängiger Institutionen statt auf politische Mehrheiten stützt.
Mit seinem stark kritisierten Urteil von Anfang Mai hat Karlsruhe den Vorrang des Europarechts – und das Interpretationsmonopol des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) – nicht akzeptiert. Verschiedene Ideen existieren, wie die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geforderte Verhältnismäßigkeitsprüfung von der Europäischen Zentralbank (EZB) erbracht werden kann, ohne den Anschein zu erwecken, sich einem nationalen Gericht zu beugen.
Mindestens ebenso kritisch wie die Folgen für die EZB wird der Schaden für die europäische Rechtsgemeinschaft gesehen: Das BVerfG biete den Rechtspopulisten in Polen und Ungarn eine Steilvorlage, ihre politisch weitgehend unter Kontrolle genommenen Verfassungsgerichte nun ebenfalls gegen den EuGH in Stellung zu bringen. Selbst aus Reihen der deutschen Politik wird daher ein Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gefordert, um das BVerfG wieder auf Linie zu bringen – die fehlende Unabhängigkeit der Verfassungsgerichte in Polen und Ungarn soll also nun möglichst auf Kosten der Unabhängigkeit des BVerfG gehen.
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