Zurück in die Zukunft? Der „neue Sozialstaat“ der SPD
Das neue sozialpolitische Programm der SPD soll der Abschied von der Agenda 2010 sein. Das schlägt sich vor allem in einer Revision der Hartz-Gesetze zur Reform des Arbeitsmarktes wieder. In der Renten- und Gesundheitspolitik fehlen jedoch solche grundsätzlichen Impulse.
Die SPD hat sich mit der „Agenda 2010“ in die Grütze geritten und den Sozialstaat schwer beschädigt. Was das von Frank-Walter Steinmeier geleitete Kanzleramt 2002 in einem Strategiepapier als die „auf eine Senkung der Lohnnebenkosten abzielende Modernisierung der sozialen Sicherungssysteme“ anpries, war Teil einer Wirtschaftspolitik des systematischen Lohndumpings. Die Verantwortung für Arbeitslosigkeit wurde mit dem Hartz IV-Motto „Fördern und Fordern“ auf den Einzelnen abgewälzt. Das allgemeine Rentenniveau sank schrittweise auf 44 Prozent des Durchschnittslohns, bei einem auf 67 Jahre angehobenen Renteneintrittsalter. Die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurden durch die Anhebung der Selbstbeteiligung der Versicherten und die Ausgliederung von Zahnersatz aus dem Sachleistungskatalog der GKV gekürzt.[1]
Auf ihrem Parteitag vom 6. bis 8. Dezember 2019 hat sich die SPD von dieser sie selbst ruinierenden Programmatik mit der Parole „Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“ verabschiedet. In einem über 20 Seiten umfassenden Beschluss wird eingestanden, dass die Agenda 2010 den Sozialstaat geschwächt habe, „mit der Folge, dass er seiner Funktion des sozialen Ausgleichs immer weniger gerecht werden konnte.“ Es wird allerdings kein wirklich „neuer Sozialstaat“ entwickelt. Vielmehr erinnert sich die SPD an die Grundsätze, der in den 1950er und 1960er Jahren gemeinsam mit den Gewerkschaften und christlichen Sozialpolitikern entwickelten Sozialreformen. So gesehen soll es ein Weg zurück in die Zukunft sein.
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