Der Fall Griechenland
Wirtschaftswissenschaft ist für Sie Neuland, das Sie betreten möchten? Dann lassen Sie sich wie Lukas von Jakob auf eine Reise durch die zentralen Themen, Thesen und Irrtümer unserer Wirtschaftstheorien mitnehmen.
In den bisherigen Artikeln hat Jakob Lukas Grundgedanken der Neoklassik und des Postkeynesianismus erklärt. Heute wendet er diese Theorien auf die Griechenlandkrise an.
»Griechenland ist auch deshalb ein interessantes Beispiel, weil die neoliberale bzw. neoklassische Wirtschaftspolitik, die in Griechenland angewendet wurde, auch in vielen anderen Ländern durchgesetzt wurde. Dazu gehören Industrienationen ebenso wie Entwicklungsländer, in denen extreme Armut verbreitet und die Lebenserwartung gering war. Die Griechenlandkrise entstand im Zuge der Finanzkrise, die 2007 unter anderem durch eine Immobilienblase in den USA ausgelöst wurde und zu einer weltweiten Rezession führte. Auch die Eurozone war von der Rezession betroffen. Griechenland hatte in Europa seit der Krise jedoch mit dem schwersten wirtschaftlichen Einbruch zu kämpfen.«
»Warum ausgerechnet Griechenland?«
»Bereits an dieser Stelle hängt die Antwort von der jeweiligen Theorie ab. Aus der Sicht neoklassischer Ökonomen kam es besonders in Irland, Portugal und Griechenland zu einer ›Staatsschuldenkrise‹. Die höchsten Staatsschulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung hatte Griechenland, dem 2010 eine Staatspleite drohte. Dass eine Staatspleite überhaupt möglich war, liegt daran, dass der Eurozone ein neoliberales bzw. neoklassisches Konzept zu Grunde liegt: Ihren Staaten wurde die Souveränität über ihre Währung entzogen. Staatsschulden durften nur über die Finanzmärkte aufgenommen werden, während eine Finanzierung des Staates durch die Zentralbank verboten wurde. Im Jahr 2009 wurde bekannt, dass Griechenland seine Staatsschulden bisher deutlich zu niedrig angegeben hatte. Daraufhin schnellten die Zinsen für griechische Staatsanleihen in die Höhe, denn die Finanzmärkte zogen sich aus griechischen Staatsanleihen zunehmend zurück.«
»Wie kam es zu den hohen Staatsschulden?«
»Neoklassiker haben betont, dass Griechenland zu viel für den Sozialstaat ausgegeben und ein ›Schlaraffenland auf Pump‹ geschaffen hat, wie Deutschlands bekanntester Neoklassiker Hans Werner Sinn schrieb. Auf Grund hoher Lohnsteigerungen habe Griechenland zudem eine zu geringe Wettbewerbsfähigkeit gehabt.«
»Was ist damit gemeint?«
»Dahinter steht folgendes neoklassische Konzept: Länder stehen wie Unternehmen untereinander im Wettbewerb um Marktanteile im internationalen Handel. Sind ihre Produktionskosten zu teuer, werden sie von billigeren Ländern unterboten. Wenn dann ihre Einnahmen aus den Exporten unter die Ausgaben für Importe sinken, führt auch dies zur Belastung des Staatshaushalts. Die hohen Staatsschulden in Griechenland sind demnach auch durch seine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit zustande gekommen. Länder stehen untereinander aber auch in Konkurrenz um internationale Investoren, die dort investieren, wo die Kosten an Löhnen und Steuern am geringsten sind.«
»Und wie verbessert man seine Wettbewerbsfähigkeit?«
»Indem man eine neoklassische Wirtschaftspolitik verfolgt. Wir hatten schon darüber gesprochen: Die Höhe der Löhne sollte vom Markt bestimmt werden. Starke Gewerkschaften, Mindestlöhne und ein hohes Arbeitslosengeld stehen dem entgegen. Arbeitsverträge sollten daher flexibel sein, damit Unternehmer ihre Kosten leichter an die Auftragslage anpassen können. Unternehmenssteuern sollten gesenkt werden, denn sie behindern Investitionen. Auch hohe Staatsschulden wirken sich negativ auf das Wachstum aus. Staatliche Unternehmen sollten privatisiert werden und sich dem Marktwettbewerb stellen. Diese Maßnahmen laufen darauf hinaus, die Wirtschaft dem vollkommenen Markt ähnlicher zu machen.«
»Gibt es für diese Maßnahmen denn erfolgreiche Beispiele?«
»Ein häufig genanntes Beispiel ist Deutschland. Zwischen 2003 und 2005 wurde in Deutschland ein solches Programm unter dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder umgesetzt. Die Arbeitslosigkeit sank, während das Wirtschaftswachstum und die Exportüberschüsse anzogen.«
»Welche Reformen wurden in Griechenland dann konkret durchgeführt?«
»Die EU reagierte auf die Krise mit mehreren ›Hilfspaketen‹. Griechenland wurden Kredite gewährt, für die es im Gegenzug besonders drastische ›Strukturreformen‹ durchführen musste. Die 2010 begonnenen Maßnahmen hatten das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, Staatsschulden abzubauen und Wachstum zu schaffen. Die Staatsausgaben wurden in mehreren Schritten stark reduziert. Dies betraf das Arbeitslosengeld, Leistungen für das Gesundheitssystem, Renten, Beamtengehälter, Investitionen und vieles andere. Die Löhne sanken um 30 Prozent. Auf der anderen Seite sollten die Einnahmen des Staates erhöht werden: Steuern wie die Mehrwertsteuer oder die Vermögenssteuer wurden angehoben und staatliche Unternehmen wurden verkauft. Außerdem sollte die staatliche Verwaltung effizienter gemacht werden. Tausende Beamte wurden entlassen.«
»Wie beurteilen Postkeynesianer diese Maßnahmen?«
»Aus postkeynesianscher Sicht sind diese Maßnahmen nicht zielführend, sondern kontraproduktiv. Um dies zu verdeutlichen, können wir noch einmal auf Keynes‘ Sparparadoxon zurückgreifen. Der griechische Staat sollte seine Ausgaben kürzen und seine Einnahmen vergrößern. Aus einzelwirtschaftlicher Sicht ist es oftmals sinnvoll, wenn man Schulden reduzieren will. Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive entsteht aber folgendes Problem: Nehmen wir an, der Staat hat ein regelmäßiges Steuereinkommen von 100 Milliarden €. Dieses Einkommen gibt er dann über Beamtengehälter, Investitionen usw. wieder an die privaten Haushalte und Unternehmen zurück. Wenn der Staat jetzt beginnt, 10 % weniger auszugeben, fließen nur noch 90 Milliarden € an die Unternehmen und privaten Haushalte. Deshalb kann er auch nur noch 90 Milliarden € zurückbekommen, außer die anderen Sektoren reduzieren Ersparnisse oder machen Schulden. Geschieht dies nicht, gilt: Wenn der Staat weniger ausgibt, wird er weniger einnehmen. In diesem Fall ist es für ihn nur möglich, weitere Schulden zu reduzieren, indem er seine Ausgaben weiter unter die Einnahmen senkt. Dadurch nimmt er aber immer mehr Geld aus dem Wirtschaftskreislauf, wodurch die Wirtschaftsleistung sinkt. Im Verhältnis zur sinkenden Wirtschaftsleistung kann dann seine Schuldenquote aber erheblich steigen.«
»Außer ein anderer Wirtschaftssektor verschuldet sich oder reduziert Ersparnisse.«
»Richtig. Das könnten die privaten Haushalte, die Unternehmen oder das Ausland sein. Hier stellt sich jedoch die Frage, ob das in dieser Situation realistisch ist. Wenn die Löhne, Renten und andere Sozialausgaben gesenkt werden, sinkt auch die Nachfrage. Das ist für Unternehmen eher ein Grund, die Produktion zu reduzieren und Angestellte zu entlassen als zu investieren. In einer Wirtschaftskrise neigen die privaten Haushalte dazu, für die unsichere Zukunft etwas zurückzulegen, sofern ihnen das möglich ist. Banken werden zurückhaltender bei der Vergabe von Krediten. Es besteht also das erhebliche Risiko, dass diese Sektoren ihre Ausgaben ebenfalls einschränken und den wirtschaftlichen Abschwung verstärken.«
»Und was ist mit dem Ausland?«
»Wie bereits erläutert, sollte Griechenland nach der Strategie neoklassischer Ökonomen wettbewerbsfähig werden, indem es die Löhne und damit auch die Preise senkt. Importgüter werden dadurch weniger erschwinglich, Exportgüter billiger und konkurrenzfähiger. Verschwiegen wurde dabei aus postkeynesianischer Sicht aber, dass zum Außenhandel immer mindestens zwei gehören: Ein Land kann an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, weil es teurer wird, aber auch weil der Konkurrent billiger wird. Wer hat jetzt den falschen Weg eingeschlagen? Wenn in einer Volkswirtschaft ein Unternehmen durch die Verbesserung der Produktion seine Preise senken kann, ist das für den Wohlstand der Volkswirtschaft ein Gewinn.
Dieses Konzept lässt sich jedoch nicht auf Länder übertragen. Prosperiert eine Volkswirtschaft durch den Wettbewerb in einem Land, können die Angestellten eines unterlegenen und bankrotten Unternehmens leicht eine andere Arbeit finden. Unterliegt ein Land aber im internationalen Wettbewerb und gerät in eine schwere Krise, können die betroffenen Menschen nicht einfach in ein anderes Land ziehen. Länder gegeneinander in einen Kampf um Wettbewerbsfähigkeit zu schicken, macht aus postkeynesianischer Sicht keinen Sinn. Wenn Länder versuchen, sich gegenseitig zu unterbieten, indem sie immer weiter die Löhne senken oder die Währung abwerten, hat davon niemand etwas.«
»Wie sollte man den Handel dann organisieren?«
»In einer Währungsunion muss man sich auf einen gemeinsamen Kurs einigen, wie hoch die Löhne (genauer: die Lohnstückkosten) steigen sollen. In der Eurozone war dieser Kurs das Inflationsziel von knapp zwei Prozent. Die Löhne unter diesen Kurs zu senken, ist mindestens genauso unverantwortlich, wie die Löhne über diesen Kurs zu erhöhen. Wer seine Löhne unter seine Produktivität senkt, nimmt anderen Anteile vom Handel weg und hat damit nicht einmal etwas Produktives geleistet.
Diesen Weg hat Deutschland mit den genannten Strukturreformen eingeschlagen, durch die es seine Preise erheblich senken konnte. Um konkurrenzfähig zu werden, musste Griechenland seine Löhne drastisch senken. Da die griechische Wirtschaft aber überwiegend eine Binnenwirtschaft ist, führt dies zu einem erheblichen Rückgang der Nachfrage, was wiederum eine Minderung von Produktivität und Investitionen zur Folge hat. Es entsteht also eine allgemein schlechte Wirtschaftslage, die nicht gerade das geeignete Umfeld ist, in dem Unternehmen aus dem Boden schießen, die den Export beflügeln. Auf diese Weise für Nachfrage aus dem Ausland und damit für Wachstum zu sorgen, war also aus postkeynesianischer Sicht ebenfalls kein sinnvoller Weg.«
»Was ist tatsächlich passiert?«
»Schauen wir uns dazu ein paar Wirtschaftsdaten an. Folgende Grafik zeigt das griechische Wirtschaftswachstum im Vergleich mit Deutschland und der Eurozone (wobei Länder, die nach Griechenland der Eurozone beitraten ausgeklammert sind). Während Deutschland und die Eurozone nach der Rezession durch die Finanzkrise bereits 2010 wieder wuchsen, stürzte Griechenland seit dem ersten Sparpaket in eine noch tiefere Rezession. Das BIP brach um ein Drittel ein. Neun Jahre nach Beginn der Strukturreformen lag die Wirtschaftsleistung immer noch kaum über dem Niveau von vor 20 Jahren.
Ein entscheidendes Argument gegen Griechenland waren die hohen Staatsschulden im Verhältnis zum BIP. Diese blieben aber auch nach den Maßnahmen weit über dem Vorkrisenniveau. Ohne den Schuldenschnitt von 2012, mit dem Griechenland über 100 Milliarden € erlassen wurden, wäre die Verschuldung noch deutlich höher.
Die jährlichen hohen Defizite gegenüber dem Ausland gingen dagegen zurück. Wie deutlich zu erkennen, ist der Grund dafür jedoch nicht ein ungewohnt starker Anstieg der Exporte, sondern ein Einbruch der Importe seit Finanzkrise. Ein Exportüberschuss konnte nicht oder (je nach Quelle) nur kurzfristig erreicht werden.
Entscheidend für die Bewertung der Strukturreformen sind aber nicht abstrakte Wirtschaftsdaten, sondern die sozialen Folgen für die Menschen, die ich nur grob umreißen kann. In Griechenland entstand die bis heute höchste Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union. Sie liegt auch neun Jahre nach dem ersten Sparpaket immer noch weit über dem Vorkrisenniveau und noch weiter über der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit in den letzten 40 Jahren vor dem Beitritt in die Eurozone, die bei unter sechs Prozent lag.
Eine unmittelbare Ursache von Arbeitslosigkeit sind Unternehmenspleiten. Allein im Jahr 2011 verringerte sich die Zahl der Unternehmen um ca. 36.000. Mit der Arbeitslosigkeit stieg die Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung, was 2015 etwa 30 Prozent der Bevölkerung betraf. 2016 wurde zwar per Gesetz der universelle Zugang zur Gesundheitsversorgung beschlossen, doch durch die Kürzung der Gesundheitsausgaben um 42,8 Prozent bis 2017 stieg die Arbeitsbelastung in den Krankenhäusern und Arztpraxen erheblich, was zu langen Wartezeiten auch für schwer Erkrankte führte, während die Versorgung mit Medikamenten zurückging. Die Zahl der Obdachlosen kletterte nach einer Schätzung von 11.000 im Jahr 2009 auf 40.000 im Jahr 2016.[i] Sprunghafte Anstiege der Suizidrate standen in zeitlich enger Verbindung zur Ankündigung weiterer Sparmaßnahmen.[ii] Zwischen 2008 und 2014 wanderten 427.000 überwiegend junge und gut ausgebildete Griechen ab, eine gerade für die weitere wirtschaftliche Entwicklung nachteilige Folge.«
»Zu welcher Wirtschaftspolitik hätten Postkeynesianer geraten?«
»In einer Wirtschaftskrise ist es die Aufgabe des Staates, die Nachfrage aufrecht zu erhalten. Mögliche Maßnahmen sind Steuererleichterungen, Investitionen oder Zuschüsse, die mit zusätzlichen Staatsschulden finanziert werden können. Im Vergleich zur europäischen Währungsunion konnten die USA durch eine hohe staatliche Neuverschuldung nach Ausbruch der Finanzkrise die Arbeitslosigkeit deutlich schneller wieder senken. Aber auch Deutschland hat seine Staatsschulden weiter erhöht und mit Konjunkturprogrammen, zu denen Steuererleichterungen ebenso wie die Abwrackprämie gehörten, die Nachfrage stabilisiert. Griechenland wurde dies jedoch nicht erlaubt, sondern zu gegenteiligen Maßnahmen gezwungen.«
»Wegen der hohen Staatsschulden.«
»Wie bereits gezeigt, beruht die Idee einer ›Staatsschuldenkrise‹ aus postkeynesianischer Sicht auf einem Missverständnis: Der Staat ist prinzipiell in der Lage, Geld selbst herzustellen, zudem sind Staatsschulden eine Quelle des Vermögens der privaten Haushalte und Unternehmen. Griechenland hatte vor der Krise ein beachtliches Wachstum. Es gibt viele Länder, die seit vielen Jahren eine schlechtere Wirtschaftslage haben, trotzdem sind sie nicht von einer Staatspleite in der eigenen Währung bedroht. Warum? Weil sie im Unterschied zu den Ländern der Euro-Zone einen finanziell souveränen Staat haben. Die Zentralbank kann die Staatspleite in der eigenen Währung immer verhindern. Die Schuldenbremse und das Verbot der Staatsfinanzierung durch die EZB sind demnach als Fehlkonstruktionen zu bewerten, die die Gestaltungsfähigkeit des Staates stark beschränken.«
»Und was ist mit den griechischen Defiziten im Außenhandel?«
»Diese Defizite sind zugleich ein Einkommen für Länder mit Exportüberschüssen. Dies trifft in der Eurozone (aber auch weltweit) besonders auf Deutschland zu. Man kann das eine nicht ohne das andere haben. Griechenland hat seine Löhne zu stark erhöht, Deutschland aber zu wenig. Während in Griechenland die Lohnsenkungen zu einer starken Wirtschaftskrise geführt haben, hätten Lohnsteigerungen in Deutschland die Binnennachfrage, aber auch die Nachfrage nach Importgütern aus der Eurozone gestärkt. Davon hätte auch der griechische Export profitiert. Die andere Alternative wäre gewesen, dass Griechenland aus der Eurozone austritt und seine Währung abwertet. Diese Alternative wurde übrigens auch von Neoklassikern wie Hans Werner Sinn vertreten. Diese Faktoren haben ein viel größeres ökonomisches Gewicht als die oft bemängelte Korruption in Griechenland. Die neoklassisch bzw. neoliberal inspirierten Strukturreformen haben Griechenland aus postkeynesianischer Sicht jedoch in eine schwere Krise gestürzt – eine Entwicklung, die man auch aus historischer Erfahrung hätte voraussehen können.«
»Warum?«
»Wie anfangs angesprochen, wurden seit den 80er Jahren ähnliche Strukturreformen in vielen Entwicklungsländern durchgeführt. Dies betraf Lateinamerika ebenso wie Afrika und Asien. In dieser Zeit sank das Wachstum, das die Entwicklungsländer in den 60er und 70er Jahren hatten, deutlich. Subsahara-Afrika beispielsweise hatte eine jährliche Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens von 1,6 Prozent, das danach auf 0,2 Prozent abfiel.[iii]«
»Und das bei der hohen Armut.«
»Auch hier wird noch einmal deutlich, dass die Wahl der richtigen Wirtschaftspolitik eine Frage größter Verantwortung ist. Thomas Pogge, ein einflussreicher Philosoph globaler Gerechtigkeit, schätzte die weltweiten Todesopfer durch Unterernährung und leicht heilbare Krankheiten allein zwischen dem Ende des Kalten Kriegs und 2013 auf 400 Millionen. Länder wie China, die die Strukturreformen nicht mitmachten, sondern in denen der Staat eine ökonomisch starke und lenkende Rolle einnahm, waren bei der Armutsbekämpfung wesentlich erfolgreicher. Auch die westlichen Industrienationen erlangten ihren Reichtum durch einen aktiven Staat, der junge Industrien förderte und vor dem Welthandel schützte.«
»Wenn der Postkeynesianismus gewichtige Argumente anzubieten hat, frage ich mich, warum ich davon bisher kaum etwas gehört habe. Meine Eltern und deren Freundeskreis genauso wenig, denke ich. Wenn ich meinem Vater sagen würde, Deutschland solle seine Schulden erhöhen, würde er sich an den Kopf langen. Warum hört man so wenig davon?«
»Das ist eine gute Gelegenheit, über die Volkswirtschaftsehre in der Wissenschaft und den Medien zu sprechen.«
Im nächsten Artikel geht Jakob auf die Rolle der Volkswirtschaftslehre in der Wissenschaft und den Medien ein und gibt einen Überblick über weitere Theorieschulen.
Dieser Text ist ein Kapitel aus dem Buchprojekt »Thinking for Future«, das die politische Philosophie und angrenzende Sozialwissenschaften thematisiert.