Der US-Feldzug gegen das World Wide Web
TikTok gilt als Trojanisches Pferd der Chinesen. Doch die Vorwürfe staatlicher Einflussnahme aus Peking sind spekulativ. Obwohl Washington bereits starke Kontrolle über die App ausübt, wird sie nun verboten.
Zum dritten Mal innerhalb eines guten Jahrhunderts herrscht in den USA die Red Fear. Die „kommunistische Bedrohung“ mag zwar nicht mehr von der Sowjetunion, sondern von China ausgehen, die Symptome aber sind dieselben: moralische Panik, Paranoia, Autoritarismus, Unterdrückung. Deutlich wurde das Anfang März, als Demokraten und Republikaner in einer seltenen Demonstration nationaler Einigkeit ihre Kräfte bündelten, um einer der größten Bedrohungen entgegenzutreten, denen Amerika heute ausgesetzt sei. Nein, nicht die ausufernde Kriminalität, nicht die illegale Einwanderung, nicht der sinkende Lebensstandard – sondern TikTok.
Am 13. März verabschiedete das Repräsentantenhaus mit überwältigender Mehrheit einen Gesetzentwurf, der ein landesweites Verbot der äußerst beliebten Social-Media-App fordert, die von rund 170 Millionen US-Amerikanern genutzt wird. Jüngst hat der Senat den vom Weißen Haus unterstützten Gesetzentwurf gebilligt – damit muss ByteDance, die Muttergesellschaft von TikTok mit Sitz in Peking, die Social-Media-Plattform innerhalb von neun Monaten an ein in den USA ansässiges Unternehmen verkaufen. Andernfalls wäre der chinesische Konzern gezwungen, den Betrieb in den Vereinigten Staaten einzustellen.
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