Cancel Culture

Waren Kant und Marx Rassisten?

| 02. Juni 2021
istock.com/demerzel21

Die Cancel Culture unterscheidet nicht zwischen Irrtümern von bedeutenden Denkern und ihren epochalen Leistungen. Wie sie Texte aus ihrem historischen Zusammenhang reißt, erinnert an fundamentalistische Bibel- und Koran-Exegeten.

2009 erschien die CD „Marx & Engels intim“, auf der Harry Rowohlt und Gregor Gysi Passagen aus dem privaten Briefwechsel der beiden Geistesgrößen vorlesen, die aus nachvollziehbaren Gründen nicht in den Briefbänden der Marx-Engels-Werke zu finden sind. Sie strahlen eine große Lust an der Beleidigung missliebiger Personen aus, die sie mit rassistischen Sprüchen und sexistischer Deftigkeit bedachten.

Bevorzugtes Objekt solcher Invektiven war Ferdinand Lassalle, für Marx ein „wasserpolackischer Jude“ und für Engels ein „jüdischer Nigger“, bei dem angesichts seiner Kopfform und des kräuseligen Haars völlig klar sei, dass er „von den Negern abstammt, die sich dem Zug des Moses aus Ägypten anschlossen.“ Lassalle hätte auch besser nicht in das wegen seiner Geliebten Helene von Dönniges geführte und für ihn tödlich endende Duell mit ihrem Vater gehen sollen. Er sei offenbar daran „kaputtgegangen“, dass er sie „nicht sofort in der Pension aufs Bett geworfen und gehörig hergenommen hat. Sie wollte nicht seinen schönen Geist, sondern seinen jüdischen Riemen.“ 

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