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Deutscher Maschinenbau: Jeder fünfte Arbeitsplatz ist bedroht

| 26. August 2025
Bauma 2025 (IMAGO / Manfred Segerer)

Eine Studie warnt: Zölle und Chinas technologischer Aufstieg setzen den exportorientierten deutschen Maschinenbau unter Druck – der Verlust von 200.000 Stellen könnte die Folge sein.

Der deutsche Maschinenbau steht vor einem tiefgreifenden Strukturproblem. Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Horváth ist jeder fünfte Arbeitsplatz in der Branche bedroht – das entspricht bis zu 200.000 Stellen. Drei Viertel der Unternehmen sehen ihre Marktanteile akut gefährdet. Hauptursachen seien einerseits die seit Monaten geltenden US-Zölle, die mit 15 Prozent erhebliche Kosten verursachen, andererseits der technologische Aufstieg chinesischer Wettbewerber.

Die Branche gilt mit rund einer Million Beschäftigten als Herzstück der deutschen Industrie. Der doppelten Belastung aus Handelsbarrieren und globaler Konkurrenz begegnen viele Unternehmen mit defensiven Strategien: Produktion und Verwaltung werden zunehmend ins Ausland verlagert. Vor allem Standorte in Asien, Osteuropa und Nordamerika gewinnen an Bedeutung. Gleichzeitig wird im Inland weiterhin in Forschung und Entwicklung investiert. So erhöhen 83 Prozent der Unternehmen ihre F&E-Ausgaben, fast alle wollen Künstliche Intelligenz stärker einsetzen. Der Schwerpunkt liegt allerdings eher auf Effizienzsteigerungen und Kostenkontrolle als auf expansivem Wachstum.

Die Entwicklungen im Maschinenbau stehen exemplarisch für die gesamte deutsche Industrie. Andere Studien bestätigen, dass ein Großteil der Industrieunternehmen bereits Restrukturierungsprogramme umgesetzt hat oder dies plant. Neben geopolitischen Risiken sind es vor allem hohe Energiekosten und eine schwache Infrastruktur, die die Wettbewerbsfähigkeit belasten.

Vor diesem Hintergrund wiegt schwer, dass die europäische Politik auf ein mögliches Instrument verzichtet hat: Als Reaktion auf die US-Zölle hatte die EU im Sommer Gegenzölle im Umfang von rund 93 Milliarden Euro vorbereitet. Nach den jüngsten Verhandlungen mit Washington im August wurde dieser Plan jedoch auf Eis gelegt. Brüssel setzt stattdessen auf Deeskalation und eine Stabilisierung der Handelsbeziehungen. Die angekündigten Gegenzölle bleiben zwar rechtlich möglich, werden aber vorerst nicht eingesetzt. Damit könnte der Industrie eine unmittelbare politische Entlastung fehlen.

Statt mit aktiver Industriepolitik auf externe Schocks zu reagieren, vertraut die europäische Politik weiter auf internationale Verhandlungen und Marktmechanismen. Für eine exportabhängige Branche wie den Maschinenbau bedeutet dies, dass die Kosten der Anpassung weitgehend auf Unternehmen und Beschäftigte abgewälzt werden. Der strukturelle Nachteil eines Wirtschaftsmodells, das in hohem Maße vom Ausland abhängig ist, tritt offen zutage: Bricht die Nachfrage auf wichtigen Exportmärkten weg oder werden Handelsbarrieren errichtet, fehlt eine starke Binnenwirtschaft, die den Ausfall ausgleichen könnte. Trotz eines zuletzt moderaten Reallohnanstiegs leidet die deutsche Binnenwirtschaft noch immer unter einer chronischen Konsumzurückhaltung.

Die Folge ist eine gefährliche Abwärtsspirale: Kostensenkungen und Arbeitsplatzabbau schwächen die Binnennachfrage, die wiederum Voraussetzung für neue Investitionen wäre. Ohne entschlossene fiskal- und industriepolitische Maßnahmen droht der Maschinenbau – und mit ihm ein Kernbereich der deutschen Industrie – in eine langanhaltende Phase der Stagnation zu geraten.