Editorial

Mehr Demokratie Wagen(...)?

| 29. Oktober 2023
IMAGO / IPON

Liebe Leserinnen und Leser,

willkommen in einer neuen Woche. Erklärungsversuche für den Aufstieg der AfD gibt es viele. Plausibel ist nicht nur, dass es eine Repräsentationslücke im Parteiensystem gibt. Tatsächlich herrscht zunehmend der Eindruck, dass „Demokratie“ zu einem Kampfbegriff verkommen ist, der vornehmlich dazu dient, jede Meinung zu nahezu jedem beliebigen politischen Thema, das nicht mit einem hegemonialen liberalen Verständnis in Einklang zu bringen ist, wahlweise als ‚populistisch‘, rechts‘, ‚autoritär‘ oder gar ‚menschenfeindlich‘ zu denunzieren. Man könnte auch sagen: Unsere Demokratie hat blinde Flecken. Viele Menschen fühlen sich bei Fragen der Zuwanderung, Energiekosten oder sozialer Gerechtigkeit nicht gehört und verlieren das Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit der Politik. Das Parteiprojekt von Sahra Wagenknecht will dem Abhilfe schaffen – doch was lässt sich aus dem derzeitigen Programmentwurf schließen?

Diese und weitere Themen finden Sie in unserer neuen Ausgabe:

  • Links und populär – Das Parteiprojekt Wagenknecht Mit der Vorstellung eines Vereins als Vorläufer für die Parteigründung haben Sahra Wagenknecht und ihre Anhänger den Bruch mit der Partei DIE LINKE offiziell vollzogen. Unter der Oberfläche der in solchen Scheidungsfällen üblichen Scharmützel liegen tiefgehende politische Veränderungen, auf die das Projekt zu reagieren versucht. Peter Wahl
  • Demokratie und Pralinen „Demokratie“ hat sich zu einer Art „Leitwährung“ des politischen Vokabulars aufgeschwungen. Doch der inflationäre Gebrauch wirft die Frage nach seinem Wert für die Beurteilung politischer Sachverhalte auf. Paul Steinhardt
  • Daten mit Untiefen Die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen bleiben ein Streitpunkt im Bundesministerium für Gesundheit. Vor allem: Woher kommen die großen Diskrepanzen zwischen gesetzlichen und privaten Krankenkassen? Joseph Kuhn
  • „Biden baut auf den Fundamenten, die von Trump gelegt wurden“ 60 Prozent aller Amerikaner sind unterbezahlt. In seinem Buch Hell to Pay geht der US-Journalist Michael Lind den Gründen nach. Ein Gespräch über Migration, Globalisierung, "Diversity-Management“ und den New Deal. Gregor Baszak
  • Integration statt Kulturkampf Deutschland ist seit mehr als einem halben Jahrhundert Einwanderungsland. Mit den Problemen, die daraus erwachsen, muss man zurechtkommen. Das Zauberwort heißt Integration ‒ und nicht Kulturkampf. Eine Replik. Roland Pauli
  • Sind die hohen Strompreise ein Wirtschaftskiller? Um eine Abwanderung von Industrien zu verhindern, machen sich einige Politiker dafür stark, die Stromkosten für Konzerne zu senken. Eine derartige Subvention gab es noch nie. Sechs Fragen zu ihrem Sinn oder Unsinn. Franz Garnreiter
  • Deindustrialisierung und Dienstleistungskapitalismus Deindustrialisierung ist ein normales Phänomen der modernen Wirtschaft. Der Weg zur Dienstleistungsgesellschaft wird längst beschritten – ist aber ein Irrweg, wenn er als Privatisierung von gemeinwirtschaftlichen Aufgaben daherkommt. Hartmut Reiners
  • Geld ist staatliches Management von Ressourcen Wenn Steuern keine notwendige Vorrausetzung für staatliche Ausgaben sind, wozu dienen sie sonst? Modern Money Theorie behauptet, Steuern dienten der Schaffung der für die Akzeptanz der staatlichen Währung notwendigen Nachfrage nach staatlichem Geld. Die These darf bezweifelt werden. Erik Jochem