Urteil des BVerfG

Mehr Schuldenbremse, weniger Klimaschutz

| 14. Dezember 2023
IMAGO / IPON

Mit seinem Urteil zur Schuldenbremse legt das Bundesverfassungsgericht die Regeln im Grundgesetz sehr streng aus ‒ und produziert damit Widersprüche zu Anforderungen, die das Gericht selbst an Gesetzgeber und Regierung formuliert hat.

Das Urteil des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Schuldenbremse hat mindestens die Regierung, eher aber die Republik in eine Haushaltskrise gestürzt, die möglicherweise in eine Wirtschafts- und Transformationskrise führen wird. Das hat sich inzwischen herumgesprochen: Am 15. November 2023 verkündete das BVerfG sein Urteil zur „Schuldenbremse“ und erklärte in diesem Zusammenhang den „Klima- und Transformationsfonds“ (EKF), den der Bundestag beschlossen hatte, insoweit für verfassungswidrig als die Kreditobergrenze des Grundgesetzes nicht eingehalten wird.

Damit gab das Gericht einer Normenkontrollklage von Abgeordneten der CDU/CSU Bundestagsfraktion Recht. Gegenstand war die Umbuchung einer 60 Milliarden großen Kreditermächtigung, die eigentlich für die Bewältigung der Corona Krise eingeplant wurde. Nachdem diese 2021 nicht verwendet wurde, beschloss der Bundestag in einem Nachtragshaushalt die Kreditermächtigung auf den Klima- und Transformationsfond umzubuchen und diesen damit von 40 auf 100 Milliarden aufzustocken.

Das Geld, heißt es so schön, fehlt jetzt in den Kassen. Gleichzeitig erklären Gewerkschaften, Kirchen, Kommunen Landesregierungen und Regierungsparteien unisono: Die ökologische Transformation der Wirtschaft dürfe nicht infrage gestellt werden. Und auch die Modernisierung der in die Jahre gekommenen – drastischer ausgedrückt: maroden – Infrastruktur dürfe nicht zu Lasten der künftigen Generationen und der ökonomischen Lage der Republik verschoben werden. Der Bundesverband der deutschen Industrie befürchtet Nachteile für den Standort Deutschland, wenn jetzt gespart werde. In der Öffentlichkeit wird orakelt: „Gefährdet das Haushaltsurteil die Krankenhausreform?“ Und das Institut der deutschen Wirtschaft veröffentlicht: „Um Klima und Industrie zu retten, muss die Ampel an die Schuldenbremse ran.“ Nur Friedrich Merz wartet mit scheinbar einfachen Lösungen auf, mit denen er sich in die Nähe zu Rechtspopulisten anderswo begibt: Man spart bei den Armen.

Auch das hat sich inzwischen herumgesprochen: Das gleiche Gericht, das BVerfG, hat 2010 ein Recht auf ein sozio-kulturelles Existenzminimum im Grundgesetz entdeckt, was verfassungsrechtlich einklagbar ist und dessen Berechnung nachvollziehbar sein müsse.[1] Das Bürgergeld nach diesem Urteil nicht an die Inflation anzupassen, ist dann verfassungsrechtlich ebenso schwierig wie die Aufnahme von Krediten. Die Regierung hat inzwischen beschlossen, dass der Haushalt 2024 keine zusätzlichen Kredite brauchen wird, weil Steuern (CO2) erhöht und Subventionen gestrichen werden sollen. Ob endlich der Dienstwagen für Manager einschließlich Spritgeld für den Bleifuß der Geschichte angehören werden, weiß man noch nicht.

Intertemporale Freiheit und Schuldenbremse

Das ist nun das Interessante am Urteil zur Schuldenbremse: Das BVerfG legt die Regeln in Art. 115 GG sehr streng aus und produziert damit Widersprüche zu Anforderungen, die das Gericht selbst an Gesetzgeber und Regierung formuliert hat. Bei einem Konflikt zwischen Aufträgen oder Anforderungen der Verfassung sprechen Juristen vom Gebot der praktischen Konkordanz. Der Konflikt soll unter möglichst großer Wahrung der jeweiligen Verfassungsrechte gelöst werden; von den verfassungsrechtlichen Geboten soll möglichst viel erhalten bleiben. Die Perspektive der praktischen Konkordanz hat das Gericht beim Urteil zur Schuldenbremse – besser spricht man von der Kreditobergrenze – nicht eingenommen. Das erste Spannungsverhältnis wurde schon angesprochen: es besteht zum Recht auf ein sozio-kulturelles Existenzminimum in Zeiten von Inflation.

Das zweite Spannungsfeld besteht zum Klimaschutzurteil des BVerfG. Das Gericht, genauer der Erste Senat, war im März 2021 der Ansicht, dass das deutsche Klimaschutzgesetz nicht ausreicht und deshalb verfassungswidrig ist. Nach dem Gesetz sollten bis zum Zieljahr 2030 die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 55 Prozent gemindert werden. Im Klimaschutzgesetz waren die der Minderungsquote für das Zieljahr 2030 entsprechenden zulässigen Jahresemissionsmengen in den verschiedenen Sektoren geregelt. Daraus ergab sich bis 2030 ein konkreter Emissionsreduktionspfad.

Die Überlegungen des Gerichts waren im Grunde simpel und überzeugend. Wenn die Treibhausgase in 40 Jahren, also vom Referenzjahr 1990 bis 2030 um 55 Prozent gemindert werden sollen, wenn gleichzeitig bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden soll, dann muss folgerichtig in den 20 Jahren nach 2030 um weitere ca. 45 Prozent reduziert werden. Genau stimmt diese Rechnung nicht, weil Klimaneutralität nicht Nullemission bedeutet.[2] Dennoch war für das BVerfG erkennbar, dass die Anstrengungen zur Treibhausgasreduktion nach 2030 erheblich größer sein müssen als heute, will man das 1,5 Grad Ziel erreichen. Verfassungsrechtlich maßgeblich sei das Klimaschutzgebot in Art. 20a GG, das vom Gesetzgeber insofern konkretisiert worden sei, als die Erwärmung der Erde auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden müsse.

Nun ist Art. 20a GG eine Staatszielbestimmung, die kein subjektives Recht vermittelt. Das Problem löst das BVerfG nicht durch das Demokratiegebot oder staatliche Schutzpflichten, sondern über die – jedenfalls begrifflich – neue Konstruktion eines intertemporalen Freiheitsrechts. Künftig seien, meint das Gericht, wegen des schrumpfenden Budgets verbleibender CO2-Emissionen so erhebliche Freiheitseinschränkungen zu erwarten, dass das Klimaschutzgesetz nicht mit der Verfassung vereinbar sei. Die Freiheit der – jungen – Kläger werde in der Zukunft eingeschränkt, wenn sie den Klimawandel aufhalten wollen, weil die Alten, also die vorhergehende Generation, zu wenig unternommen habe.[3]

Das Urteil wurde in der Politik fast einhellig begrüßt. Die Tagesschau etwa meldete: „Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts überbieten sich SPD und Union mit Zusagen zur raschen Nachbesserung der Klimaziele – als hätten sie nie etwas anderes gewollt. Die Opposition sieht sich bestätigt, mit Ausnahme der AfD.“

Notsituation und Kreditobergrenze

Der Bundestag hatte mit den Stimmen der Regierungsfraktionen im Januar 2022 mit absoluter Mehrheit beschlossen, dass wegen einer Notsituation die Schuldenobergrenze nicht eingehalten werden könne. Zur Begründung wurde vor allem auf die Folgen der Corona-Pandemie hingewiesen, zum anderen auch auf die Klimakrise und den notwendigen Umbau der Energieversorgung. Das Nachtragshaushaltsgesetz trat mit Wirkung vom 1. Januar 2021 und damit rückwirkend in Kraft. Damit wurde – wie es Art. 115 GG verlangt – die Notsituation festgestellt, die es rechtfertigt, die Kreditobergrenze nicht einzuhalten.

Das BVerfG führt drei Gründe ins Feld, warum diese Entscheidung des Bundestages verfassungswidrig sei: Erstens müsse ein Zusammenhang zwischen Notlage und Kreditermächtigung bestehen. Zweitens dürften Kreditermächtigungen nur jährlich beschlossen werden und nicht auf Vorrat. Drittens dürfe eine Kreditermächtigung nicht nachträglich erteilt werden.

Die Notsituation, die es rechtfertigt, die Kreditobergrenze außer Kraft zu setzen, wird vom BVerfG ausgesprochen schmallippig definiert. Erfasst würden „auch außergewöhnliche Störungen der Wirtschafts- und Finanzlage“, die aber über das normale konjunkturelle Auf- und Ab hinausgehen müssten. Das Gericht stellt dann noch eine Parallele zur „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ aus der alten Fassung der Grundgesetzvorschriften her, beschränkt sich aber auf die Feststellung, dass die neue Fassung „besser zugänglich“ sei. Absehbare oder von der öffentlichen Hand verursachte Krisenfolgen dürften nicht mit Notkrediten finanziert werden. Den Zusammenhang zwischen Pandemie und der Kreditermächtigung, dem Beschluss aus 2022, sei vom Bundestag unzureichend begründet worden.

Ob eine Notsituation vorliegt, unterliege – so das Gericht weiter – „vollumfänglicher verfassungsgerichtlicher Prüfung“. Weil das Gericht betont, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der vollständigen verfassungsrechtlichen Kontrolle zugänglich sei, stellt sich schon die Frage, warum der Gesetzgeber die Notlage ausführlich begründen soll. Müsste doch das Gericht – nach den üblichen Regeln – selbst Beweis erheben, Gutachten einholen usw., um zu klären, ob eine Notsituation vorliegt oder nicht.

Der Begriff Notsituation ist vergleichsweise neu im Verfassungsrecht und wurde mit der Kreditobergrenze 2009 in das Grundgesetz aufgenommen. Auch die Begründung des verfassungsändernden Gesetzgebers war eher dünn und beließ es bei Beispielsfällen, weil sich die Notsituation gerade nicht antizipieren lasse. Erfasst seien größere und bedeutende Schadensereignisse, die durch Unfälle, technisches oder menschliches Versagen ausgelöst oder absichtlich herbeigeführt werden. Als Notsituation wird eine empfindliche Störung der Wirtschaftsabläufe aufgrund eines exogenen Schocks definiert. Die Notsituation erfordere aktive Stützungsmaßnahmen des Staates zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung der Wirtschaftsabläufe.[4]

In der juristischen Literatur wird von einigen gefordert, dass die Notsituation plötzlich auftreten müsse und sie dürfe überdies nur von kurzer Dauer sein. Außerdem müsse die Notsituation unvorhergesehen aufgetreten sein.[5] Das überzeugt nicht: Offenkundig ist die Gefahr von Börsencrashs und Konjunktureinbrüchen, Rezession und Krise spätestens seit 1929 bekannt. Trotzdem sieht das Grundgesetz genau für diese Fälle explizit Ausnahmen von der Schuldenbremse vor. Angesichts von Finanzspekulationen, der Subprime Kredite in den USA und nach den Erfahrungen mit überhitzten Aktienmärkten waren ein Platzen der Blase und Turbulenzen an den Finanzmärkten durchaus erwartbar und sie wurden – zwar nur von wenigen – aber eben doch prognostiziert oder vorhergesehen. Sie traten also keineswegs plötzlich auf und die anschließenden Krisenerscheinungen waren auch keineswegs von kurzer Dauer. Die Finanz- und anschließende Währungskrise ab 2007 wird auch nicht dem „normalen“ Konjunkturzyklus subsumiert werden können. Kurz: Vorhersehbarkeit; Plötzlichkeit und kurze Dauer sind keine Begriffselemente, die in überzeugender Weise mit der Notsituation verbunden werden könnten.

Dann allerdings kann man die ökologische Situation des Planeten und insbesondere den Klimawandel, auf den der Gesetzgeber in seiner Begründung für das Aussetzen der Kreditobergrenze verwiesen hatte, als Notsituation begreifen können. Vor der Klimakonferenz in Dubai wurde der Klimawandel wieder einmal intensiv diskutiert und die Klimaforscher und UNEP warnten einhellig, dass die Klimaziele des Pariser Abkommens nicht mehr einzuhalten seien, dass bei Fortschreiten der Dynamik eine Erderwärmung von 3 Grad oder mehr zu erwarten sei; jedenfalls deutlich mehr getan müsse, als sich die Staaten auf die Agenda geschrieben hätten.

Die Konrad-Adenauer Stiftung verlautbart: „Die erforderlichen Maßnahmen zum Klimaschutz erfordern national und international große Veränderungen und Anpassungen im politischen, ökonomischen und im gesellschaftlichen Bereich. Dies ist mit hohen Kosten verbunden und es müssen schnell Lösungen gefunden werden, die national und global sozialverträglich sind.“ Die Folgen einer Erderwärmung um 3 Grad führt zumindest in vielen Ländern des globalen Südens, so wird faktenbasiert prognostiziert, zu katastrophalen Auswirkungen. Wenn man hinzunimmt, dass vorbeugende Maßnahmen besser sind als Schadensbeseitigung, dann scheint es nicht nur möglich, sondern geradezu geboten, die Entwicklung der Erkenntnisse zu Klimawandel als Prognose einer Notsituation zu begreifen, der man heute mit einem Umbau von Wirtschaft und Lebensweise begegnen kann, was dann letztlich eine Kreditaufnahme erlauben würde.

Angesichts der unklaren Rechtslage hätte das BVerfG – wie erwähnt – klären müssen, was unter einer Notsituation zu verstehen ist und auch, ob die Klimakrise unter diesen Begriff zu subsumieren ist. Das schließt die Frage mit ein, ob die Notsituation national, eurozentrisch oder vielleicht doch global zu denken ist.

All das diskutiert das BVerfG nicht, sondern erwartet vom Gesetzgeber eine umfassende Begründung, die vom Grundgesetz jedenfalls nicht gefordert ist. Das Gericht hätte vielleicht auch erwägen müssen, wie die sich widersprechenden Gebote des Grundgesetzes zum Klimaschutz und zur Schuldenbremse zu vereinbaren sind. Und schließlich hätte das Gericht auf ein bewährtes Instrument bei schwierigen und unklaren Situationen zurückgreifen können. Dem Gesetzgeber werden Übergangs- oder Anpassungsfristen eingeräumt oder ein möglicher Verfassungsverstoß wird als für die Zukunft nicht akzeptabel erklärt, diesmal aber ausnahmsweise noch akzeptiert. Solche Überlegungen hat das Gericht nicht angestellt und die Schuldenbremse noch verschärft.

Immerhin bleibt für den Gesetzgeber offen, ordnungsgemäß zu begründen, dass der Klimawandel als Notsituation zu begreifen ist, dem mit einem staatlich gestützten Umbau der Wirtschaft zu begegnen sei. Weil das Gericht die Notsituation nicht wirklich definiert und prüft, ist am Ende die mangelnde Begründung des Gesetzgebers eine tragende Säule des Urteils. Das würde einen Klimafonds, der ordnungsgemäß und substantiiert begründet ist, deshalb nicht ausschließen.

Juristische Finessen und Folgen

Die Einrichtung des Klima- und Transformationsfonds mit Krediten verstoße, so das BVerfG weiter, gegen das Prinzip der Jährlichkeit und Jährigkeit – eine Unterscheidung, die sich ein Jurist bei großer Langeweile und mit falsch verstandener Originalität ausgedacht haben muss. Gemeint ist, dass der Haushalt nur für ein Jahr beschlossen werden soll und die Gelder auch in dem Jahr ausgegeben werden sollen.

Nur steht das so schon für den normalen Haushalt nicht im Grundgesetz: Haushalte können für „ein oder mehrere Jahre“ aufgestellt werden (Art. 110 GG), und auch von dieser Regel formuliert das GG richtigerweise Ausnahmen. Wieso die Jährlichkeit auch für die Notsituation gelten sollte, wird nicht begründet und leuchtet nicht ein. Die Schäden der Katastrophe im Ahrtal werden wohl über einen längeren Zeitraum Kosten verursachen.

Es bleibt, dass der Nachtragshaushalt 2021 erst im Januar 2022 beschlossen wurde. Das Gericht formuliert wieder juristisch verklausuliert: Es gelte der Grundsatz der Vorherigkeit – es gibt Wörter, die sollen wohl auch nicht übersetzt werden können. Wie auch immer: In einer früheren Entscheidung[6] hatte das Gericht noch offengelassen, ob dieser Grundsatz, der Art. 110 Abs. 2 GG entnommen wird, auch für Nachtragshaushalte gilt.

Eben dies behauptet das Gericht jetzt im Urteil zur Kreditobergrenze, obwohl sich der Wortlaut der Vorschrift nicht auf Nachtragshaushalte bezieht und begrifflich nicht ganz verständlich ist, wie denn ein Nachtragshaushalt „vor Beginn des ersten Rechnungsjahres“ verabschiedet werden kann. Die Besonderheit sei hier jedoch, so das Gericht, dass der Nachtragshaushalt erst nach dem Haushaltsjahr verabschiedet wurde, was den „planenden Charakter“ des Haushaltes unterlaufe. Ob Nachtragshaushalte den planenden Charakter des Haushaltsgesetzes nicht grundsätzlich unterlaufen, wird nicht erörtert. Und das Gericht lässt auch offen, welcher Zeitpunkt der letztmögliche Termin für einen Nachtragshaushalt ist. Kurz: Das Urteil ist schlecht begründet oder handwerklich schlecht gemacht.

Erstaunlich ist aber insbesondere die fehlende Folgenabschätzung, die natürlich nie in ein Urteil einfließt, aber im Subtext von Entscheidungen des BVerfG in der Regel erkennbar ist. Das Gericht löst eine Etat- und Regierungskrise aus, übersieht ökonomische und gesellschaftspolitische Notwendigkeiten und setzt sich kompromisslos in Widerspruch zu großen Teilen des öffentlichen und des Fachdiskurses. Gerade die Auslotung von Kompromissen war immer ein Markenkern der Entscheidungen des BVerfG.

Nun lässt sich einwenden, dass die SPD selbst schuld ist, weil sie 2009 ausgerechnet Schäuble folgte und diese unkluge Grundgesetzänderung beschlossen hat. Das stimmt natürlich. Und man musste kein Prophet sein, um zu erkennen, dass diese Änderung eher dem „linken Lager“ auf die Füße fällt als den Konservativen. Aber das BVerfG hat auf die mit sich verschärfender Klimakrise und Energiewende veränderte gesellschaftliche und politische Situation nicht reagiert, indem es die Schuldenbremse moderat ausgelegt hat; ganz im Gegenteil, die Regelungen wurden über den Wortlaut des Grundgesetzes hinaus verschärft. Klug war diese Entscheidung sicher nicht.

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[1] BVerfG, Urteil vom 9.2.2010, E 125, 175 – 260.
[2] „Klimaneutralität bedeutet, ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in Kohlenstoffsenken herzustellen. Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssen alle Treibhausgasemissionen weltweit durch Kohlenstoffbindung ausgeglichen werden. Als Kohlenstoffsenke wird ein System bezeichnet, das mehr Kohlenstoff aufnimmt als es abgibt. Die wichtigsten natürlichen Kohlenstoffsenken sind Böden, Wälder und Ozeane. Laut Schätzungen entfernen natürliche Senken zwischen 9,5 und 11 Gigatonnen CO² pro Jahr. 2019 betrugen die jährlichen globalen CO²-Emissionen 38 Gigatonnen.“; EU-Parlament, was versteht man unter Klimaneutralität (14.4.22).
[3] BVerfG a.a.O., Rn. 183.
[4] BT-Drs. 16/12400, 11, 13.
[5] Heintzen, Die Schuldenbremse (Art. 109 III und 115 II GG) in der Abfolge der außergewöhnlichen Notsituationen der Jahre 2020 bis 2022, NVwZ 2022, 1505/ 1507, m.w.N..
[6] BVerfGE 119, 96/122 ff.