Makroskop
Editorial

Wettbewerb: Mehr Balance, weniger Überholspur

| 18. Dezember 2025

Liebe Leserinnen und Leser,

willkommen zur letzten Ausgabe 2025. Das Jahr neigt sich dem Ende zu und das Neujahr verspricht Neubeginn – doch gilt das auch für die Wirtschaftspolitik? Mit dem Jahreswechsel wechselt absehbar nicht das ökonomische Denken. Zu sehr ist die Exportorientierung im Bewusstsein der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger verankert.

Während die deutsche Exportindustrie im globalen Wettbewerb mit chinesischen und US-amerikanischen Unternehmen zunehmend ins Hintertreffen gerät, wiederholen "Top-Ökonomen" mantraartig ihre Forderungen nach "strukturellen Reformen". Das heißt meistens Bürokratieabbau – nicht selten ein ordoliberaler Euphemismus für weniger Staat. Dabei wäre es gerade jetzt die Stunde des Staates, der antizyklisch die Nachfragelücke der privaten Haushalte füllen kann.

In dieser Ausgabe, die den Schwerpunkt auf den Begriff „Wettbewerbsfähigkeit“ legt, sind sich unsere Experten – Volkswirt Michael Paetz, Politikwissenschaftler Andreas Nölke und Wirtschaftswissenschaftler Rainer Land – einig: Deutschlands Exportorientierung muss überdacht werden. Doch was ist die Alternative? Manche Vertreter der Modern Monetary Theory (MMT) wie Warren Mosler glauben, dass ein Handelsdefizit unseren Lebensstandard erhöhen würde: je höher, desto besser.

Obgleich viele MAKROSKOP-Autoren der MMT nahestehen, markiert das doch eine wichtige Trennlinie: Denn die Defizite des einen sind die Überschüsse des anderen, meistens erkauft durch Lohnsenkungen. Michael Paetz pointiert: "Den eigenen Wohlstand darauf zu gründen, dass ‚die Deutschen‘ für einen arbeiten, ist kaum weniger fragwürdig als eine Politik zu unterstützen, die per Dumpinglöhne die Nachfrage aus dem Ausland abzieht".

Will man weder Import- noch Exportüberschüsse, bleibt nur eine Alternative: eine ausgeglichene Handelsbilanz. Land schlägt vor, sich an Keynes Bancor und der internationalen Clearing-Union zu orientieren. Für den deutschen Exportsektor wäre frei nach Nölke die Devise: Qualität statt Quantität! Weniger Exporte, dafür aber eine verbesserte Waren- und Dienstleistungsqualität könnte mit verhältnismäßig hohen Löhnen und Staatsausgaben korrespondieren.

In der EU müsste das häufig willkürliche und unsinnige Regelwerk derart angepasst werden, dass es eine Politik des ausgeglichenen Außenhandels fördert. Das MAKROSKOP-Forschungsprojekt "EURO-Reconcept" hat sich zur Ausgabe gemacht, konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Ein guter Neujahresvorsatz ist das allemal – und sogar ungewöhnlich wirtschaftspolitisch.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine schöne Weihnacht und einen guten Rutsch ins neue Jahr!