Der eigenverantwortliche Bürger ist überfordert
Nach zehn Jahren Rutte hat jeder siebte niederländische Haushalt einen unzureichenden finanziellen Puffer und jeder fünfte ist im Zahlungsrückstand. Vor allem Flex-Arbeiter sind betroffen. Was werden die liberalen Wahlsieger dagegen tun?
Was wird das nunmehr vierte Kabinett Rutte für die Niederlande bedeuten? „Schau auf das, was sie tun, nicht was sie sagen“, lautet ein Satz des französischen Philosophen Henri Bergson. Letzte Woche berechnete der niederländische Gewerkschaftsbund FNV die Folgen der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in den zehn Jahren Rutte und seiner Kumpanen. Infolgedessen arbeiteten 2018 fast zwei Millionen Niederländer mit Zeit-, Abruf- oder Leiharbeitsverträgen. Sie verdienen rund zehn Prozent weniger als Niederländer mit unbefristeten Verträgen.
Wegen dieser niedrigeren Einkommen, aber auch wegen geringerer Arbeitgeberbeiträge und damit einhergehenden Altersvorsorge entgingen den Flex-Arbeitern zwischen 2010 und der Corona-Krise mehr als 42 Milliarden Euro. Dieser Betrag hilft, die guten Unternehmensgewinne in diesem Zeitraum zu erklären. Der Gesamtverlust für die Arbeitnehmer (und damit der Gewinne für die Unternehmen) ist zweifellos ein Vielfaches dieser 42 Milliarden, denn der Einsatz von Scheinselbstständigen bei Unternehmen wie Uber, Temper und Deliveroo wurde noch nicht einmal berücksichtigt. Der FNV rechnete vor, dass die Konzerne dadurch rund hundert Millionen Euro pro Jahr an Beiträgen und Steuern sparen.
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