Italiens Regierungskrise

Draghi und das Ende eines Zyklus

| 26. Juli 2022

Die Entmachtung Mario Draghis entblößt das marode politische System Italiens und löst im europäischen Establishment Entsetzen aus. Es hätte bei dieser Fallhöhe kaum anders sein können.

Als Mario Draghi Anfang letzten Jahres zum italienischen Ministerpräsidenten ernannt wurde, begrüßten die politischen und wirtschaftlichen Eliten Europas seine Ankunft wie ein Wunder. Praktisch jede Partei im italienischen Parlament bot ihre Unterstützung an – einschließlich der beiden ehemals "populistischen" Parteien, die 2018 die Wahlen gewonnen haben, die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega. Den Geist der Debatte brachte der mächtige Gouverneur der Region Kampanien, Vincenzo De Luca (PD), gut auf den Punkt, als er Draghi mit "Christus" verglich.

Alle waren sich einig: Eine Draghi-Regierung wäre ein Segen für das Land, eine letzte Gelegenheit, seine Sünden wiedergutzumachen: "Make Italy great again". Draghi, so hieß es, würde allein aufgrund seines "Charismas", seiner "Kompetenz", seiner "Intelligenz" und seines "internationalen Einflusses" die Anleihemärkte in Schach halten, dringend benötigte Reformen durchführen und so Italiens stagnierende Wirtschaft wieder ankurbeln. 

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