Zollstreit

Handelskrieg mit den USA: Die Schweiz sollte die Lehren aus Japans Fiasko ziehen

| 26. August 2025
IMAGO / TT

Japan zahlte in den 1980er Jahren einen hohen Preis im Handelskrieg mit den USA. Der Niedergang des Landes hält eine Lektion für die Schweiz bereit. Sie sollte keine Konzessionen eingehen, die ihre Innovationskraft schwächen.

Es gab einmal eine Zeit, in der die westlichen Medien in hoher Kadenz vor dem Aufstieg Japans warnten. Am Büchermarkt dominierten Titel wie Die aufsteigende Sonne oder Der kommende Krieg mit Japan. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel prognostizierte den Untergang der deutschen Autoindustrie, Hollywood-Filme bauten japanische Übeltäter in ihre Plots ein, und als Mitsubishi 1990 das Rockefeller Center in New York kaufte, war der Aufschrei gross. Kommentatoren warnten vor der "Japanisierung Amerikas".

Die Warnung war übertrieben. Wie bekannt, wurde Japan nicht die neue Weltmacht, sondern erlitt in den 1990er Jahren einen jähen wirtschaftlichen Abstieg, von dem sich das Land erst in jüngster Zeit erholt hat. Weniger bekannt ist hingegen der tiefer liegende Grund für den japanischen Niedergang, und weil er von höchster Aktualität ist, lohnt es sich, daran zu erinnern. Japan stieg nämlich keineswegs automatisch ab, sondern wurde von den USA abgestraft. Was sich damals abspielte, liest sich wie ein Drehbuch für die Ereignisse, deren Zeuge wir heute sind.

Trump und die Demokraten kämpften Seite an Seite

Denn auch damals spielte der Aussenhandel eine entscheidende Rolle. In den frühen 1980er Jahren wuchs der japanische Handelsbilanzüberschuss kontinuierlich an, während sich die USA mit einem wachsenden Handelsbilanzdefizit konfrontiert sahen. An öffentlichen Veranstaltungen und in Talkshows beschwerten sich Unternehmer, Gewerkschafter und Politiker über das wachsende Ungleichgewicht. Einer von ihnen war der New Yorker Immobilienunternehmer Donald Trump. "Wenn Sie jetzt nach Japan gehen und versuchen, etwas zu verkaufen, können Sie das vergessen", erklärte er 1988 in einem Interview. "Die Japaner kommen hierher, verkaufen ihre Autos, ihre Videorekorder und machen unsere Unternehmen fertig." Trumps Obsession mit Handelsbilanzdefiziten geht auf die Auseinandersetzung mit Japan zurück.

Der Handelsbilanzüberschuss erreichte Mitte des Jahrzehnts den rekordhohen Anteil von 4 Prozent des japanischen BIP, während das amerikanische Defizit ins Bodenlose zu gleiten schien. Prompt reagierte der Kongress mit einer scharfen Verurteilung von Japans Handelspraktiken und drängte auf die Einführung eines Zolles von 25 Prozent auf alle japanischen Importe. Die Initiative kam von den Demokraten. Sie befürchteten, dass ein Grossteil der industriellen Arbeitsplätze unter dem Druck der ausländischen Konkurrenz verschwinden würde. Einer der Fürsprecher einer harten Linie war der Demokrat Dick Gephardt. Bereits während des Wahlkampfs von 1980 hatte er erklärt: "Wir werden nicht zulassen, dass unsere Arbeitnehmer und Industrien durch unlauteren Importwettbewerb verdrängt werden."

Die Drohung wirkte. Die japanischen Autobauer begannen bald, Fabriken in den USA zu bauen, um den grossen amerikanischen Markt weiterhin beliefern zu können. Die heftige Reaktion des Kongresses veranlasste auch die Reagan-Administration, aktiv zu werden. 1985 lud sie Japan und andere Industrienationen ins Plaza-Hotel in New York ein, um Massnahmen zur Schwächung des Dollars zu beschliessen. Das sogenannte Plaza-Abkommen führte zur starken Aufwertung des Yen, was mit einer gewissen Verzögerung auch den Handelsbilanzüberschuss reduzierte. Die USA hatten ihr Ziel erreicht.

Die Schweiz sollte den Pharmastandort schützen

Japan zahlte jedoch einen hohen Preis dafür. Um die Aufwertung im Nachgang des Plaza-Abkommens abzubremsen, reduzierte die japanische Zentralbank die Zinsen, obwohl die Wirtschaft brummte. Das Ergebnis war ein gigantischer Immobilienboom. In den grossen Städten schossen die Häuserpreise ab 1987 in die Höhe und verdoppelten sich bis Ende des Jahrzehnts. Um ihren Fehler zu korrigieren, erhöhte die japanische Zentralbank 1989/90 die Zinsen von 2,5 auf 6 Prozent, aber es war zu spät, um eine sanfte Landung herbeizuführen. Im Gegenteil: Der Zinsschock löste die grösste Immobilienkrise des späten 20. Jahrhunderts aus. Um eine Deflation zu verhindern, verfolgten die Behörden eine äusserst expansive Finanzpolitik, die eine rekordhohe Verschuldung verursachte. Der Anteil der Staatsschulden am BIP beträgt heute rund 250 Prozent.

Natürlich lässt sich die japanische Krise nicht vollumfänglich auf die Massnahmen Washingtons zurückführen. Aber sie waren durchaus entscheidend. Japan ließ sich einschüchtern, beging wirtschaftspolitische Fehler und geriet auf eine schiefe Bahn. Die Erinnerung an das japanische Fiasko ist deswegen äusserst relevant für die Bewältigung des heutigen Zollstreits. Man soll gegenüber der Trump-Administration durchaus Konzessionen machen, aber der Preis darf nicht zu hoch sein. Vor allem darf der Pharmastandort Schweiz nicht nachhaltig geschwächt werden. Die Pharmaindustrie macht nicht nur einen Großteil des Exports aus, sondern bildet auch das wichtigste Innovationsnetzwerk des Landes. Die wirtschaftliche Zukunft der Schweiz hängt ganz wesentlich davon ab.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Neuen Züricher Zeitung.