Demokratie und Pralinen
„Demokratie“ hat sich zu einer Art „Leitwährung“ des politischen Vokabulars aufgeschwungen. Doch der inflationäre Gebrauch wirft die Frage nach seinem Wert für die Beurteilung politischer Sachverhalte auf.
Das Buch Die blinden Flecken der Demokratie, jüngst erschienen in der Edition MAKROSKOP, beginnt mit der Frage, wie „ernst man das mit der Demokratie noch nehmen soll: Ist das denn nicht bloß eine große Schaumschlägerei?“ Tatsächlich herrscht zunehmend der Eindruck, dass „Demokratie“ zu einem Kampfbegriff verkommen ist, der vornehmlich dazu dient, jede Meinung zu nahezu jedem beliebigen politischen Thema, das nicht mit der hegemonialen liberalen Ideologie in Einklang zu bringen ist, wahlweise als ‚populistisch‘, rechts‘, ‚autoritär‘ oder gar ‚menschenfeindlich‘ zu denunzieren.
Sollte man daraus schlussfolgern, dass man „das mit der Demokratie“ nicht mehr ernst nehmen sollte? Der Philosoph und Gymnasiallehrer Armin Groh verneint das. Vielmehr zeigt er, dass sich bei der Demokratie um ein komplexes normatives Konzept handelt, dessen Inhalt umstritten und umkämpft ist:
„Mit dem Wort ‚Demokratie‘ ist es wie mit Pralinen im Supermarkt […]. Es gibt unzählige Sorten. Was wirklich drin ist, weiß man erst, wenn man reingebissen hat.“
Hat man in die von Groh kredenzten Pralinen reingebissen, merkt man, dass nicht alles, was als Praline verkauft wird, auch tatsächlich eine ist. Und viele Pralinen schneiden beim Geschmackstest gar nicht gut ab.
Armin Groh ist mit seinem Buch ein eindrückliches und beeindruckendes Stück politischer Philosophie gelungen. Er macht die Tagespolitik zum Thema, ohne sich ins enge Kampfesgetümmel zu stürzen. Stattdessen betätigt er sich als politischer Therapeut: Die Kombattanten werden aufgefordert, die Überzeugungen und Wertvorstellungen der jeweils anderen Seite zu verstehen und die eigenen kritisch zu hinterfragen.
Der Erfolg dieses Unterfangens verdankt sich der Tatsache, dass der Autor zwar das Versprechen einer „Entdeckungsreise in die politische Ideengeschichte“ (so der Untertitel des Buches) hält, sie aber mithilfe ihrer Vermittlung über literarisch gestaltete Dialoge nicht zu einer beschwerlichen Expedition werden lässt. Die Lektüre entpuppt sich als eine vergnügliche und spannende Bildungsreise, die allerdings nur Aktivurlaubern und nicht faulen Konsumenten anempfohlen werden kann.
Liberalismus und Demokratie
Den Proponenten einer „liberalen Demokratie“ zum Beispiel zuzugestehen, dass sie essenzielle Bedingungen einer demokratisch legitimierten Herrschaft identifiziert haben, dürfte für diejenigen sehr anstrengend sein, die die Begriffe der „Demokratie“ und der „Volkssouveränität“ als synonym erachten.
Denn für letztere steht der ‚Volkswille‘ und das ‚Volkswohl‘, für liberale Demokraten dagegen die ‚individuelle Freiheit‘ im Mittelpunkt ihrer jeweiligen Demokratiekonzeption. Haben liberale Demokraten aber nicht Recht, wenn sie darauf insistieren, dass ein demokratisch organisiertes Gemeinwesen „frei vor Übergriffen des Staates und der Gemeinschaft zu sein“ hat? Darf ein Staat von mir verlangen, „einen Beruf zu wählen, den ich nicht will“ und mich andernfalls bestrafen? Darf eine politische Gemeinschaft „großen Druck auf mich ausüben“, um zum Beispiel „ihre Religion anzunehmen“, wie Groh die Liberalen für ihren Demokratiebegriff argumentieren lässt?
Natürlich werden auch Souveränitisten nicht bezweifeln, dass die Gewährleistung bürgerlicher Freiheiten essenzielles Merkmal einer demokratisch legitimierten Gemeinschaft ist. Allerdings gebärdet sich der politische Liberalismus der Gegenwart äußerst regressiv: ‚Freiheit‘ wird in erster Linie negativ als Abwesenheit von Zwang und immer weniger als politische Aufgabe definiert, um allen die Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu ermöglichen:
„Viele verbinden Freiheit vor allem damit, ein Privatleben zu haben und ihre Freizeit gestalten zu können. Das können sie umso besser, je mehr sie verdienen. Wer Freiheiten haben will, muss sich also anstrengen, um einen guten Job zu finden. Politik beschränkt sich für sie darauf, alle paar Jahre wählen zu gehen. Sie halten die Politik zwar nicht für unwichtig, glauben aber, dass der Markt und die Technik viele Probleme lösen werden. Wenn sich alle anstrengen, möglichst gut zu verdienen, werden auch alle etwas davon haben.“
Damit führt Groh zu einem der „blinden Flecken der Demokratie“ – genauer, der liberalen Demokratiekonzeption. Was von liberalen Demokraten ausgeblendet wird, sind die sozialen Folgen der von ihnen verheißenen großen Freiheit:
„[M]eine Mutter war sehr darauf bedacht, uns gesund zu ernähren. Das war bei unserem äußerst knappen Budget nicht nur schwer, es war unmöglich. Ideal seien mindestens zwanzig verschiedene Früchte und Gemüsesorten pro Woche […]. Meine Mutter hatte interessiert genickt und dabei ihre Scham unterdrückt. Für eine gesunde Ernährung hätten wir uns in der zweiten Hälfte der Woche von der abblätternden Tapete ernähren müssen, die sich bereitwillig anzubieten schien, unsere oftmals leeren Mägen zu füllen."
So lässt Groh eine seiner Figuren, Leon, – einem Zehntklässler, dessen Eltern „Harzer“ sind – über seine soziale Diskrimination berichten. Womit die Frage, ob der Markt gerecht ist, einer Antwort zugeführt scheint. Er ist es nicht.
Eigentum und Wirtschaftsordnung
Das Konzept der Demokratie ist ohne soziale Gerechtigkeit, wie Johann Gottlieb Fichte es ausdrückte, nur „einseitig und halb“ bestimmt:
„Die tiefer liegende Pflicht des Staates, jeden in den ihm zukommenden Besitze erst einzusetzen, hat man übersehen. Dieses letztere aber ist nur dadurch möglich, dass die Anarchie des Handels […] aufgehoben werde […].“
Fichte stellt damit die einer Marktwirtschaft zugrunde liegende Eigentumsordnung infrage. Denn der Verkauf einer Ware verdankt sich der Tatsache, dass dem Verkäufer vom Staat das Recht eingeräumt wurde, andere von ihrem Gebrauch auszuschließen. Das damit verbundene moralische Problem wird von Groh wie folgt beschrieben:
„Stell dir vor, du wanderst einsam im Gebirge und verlierst die Orientierung. Du irrst tagelang umher und findest endlich, beinahe am Verhungern, eine Hütte. In der Hütte lebt ein verschrobenes Paar: Sie sagen dir, dass es für dich einen sehr großen Nutzen hat, wenn sie dir zu essen geben. Du wirst überleben. Deshalb werden sie dir nur dann zu Essen geben, wenn du ihnen dein ganzes Geld und das Erbe deiner Eltern überschreibst. Da es um dein Leben geht, bist du bereit, diesen Preis zu bezahlen. Dein Nutzen ist ja mindestens so groß. Haben sie das Geld deshalb verdient?“
Da die Antwort auf der Hand liegt, sind Eigentumsrechten durch Bedürfnisse Grenzen gezogen. Wird ein Bedürfnis nicht befriedigt, nimmt ein Subjekt Schaden an Leib oder Seele. Eine Eigentums- und darauf basierende Wirtschaftsordnung, die eine Befriedigung von Bedürfnissen nicht gewährleistet, ist aus ethischer Sicht inakzeptabel.
Eine Marktwirtschaft aber basiert auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung. Die Bewertung einer Leistung hängt von Vereinbarungen zwischen Vertragspartnern mit oft unterschiedlicher Macht ab, und die deshalb zu Gegenleistungen führen können, die zur Befriedigung der Bedürfnisse nicht ausreichend sind.
Keinen Dissens gibt es darüber, dass Eigentum über Personen moralisch nicht akzeptabel ist. Doch wie verhält es sich dann mit der moralischen Akzeptabilität von Lohnarbeit? Es scheint, dass mit ihr dem ‚Arbeitgeber‘ Verfügungsrechte über einen ‚Arbeitnehmer‘ eingeräumt werden, die mit denen der Sklaverei vergleichbar sind. Absurd?
„Nein. Als sich in England und den USA die industrielle Lohnarbeit ausbreitete, wurde sie von den Arbeitern als eine Form der Sklaverei angesehen: Lohnsklaverei. ‚Ich bin so freiheitsliebend, dass ich kein Sklave sein kann‘, sangen damals die ‚factory girls‘, die in den Textilfabriken der USA arbeiten mussten. Für die entstehende Arbeiterbewegung, die den Marxismus noch nicht kennen konnte, war es selbstverständlich, dass Arbeiter ihre Fabriken besitzen sollten.“
Demokratie und Unternehmensform
Damit wird eine weitere Frage aufgeworfen: Muss nicht auch die Organisation eines Betriebs dem Prinzip der kollektiven Selbstbestimmung unterworfen werden? Die Gefahr des Einwands, sich damit in utopischen Gedankenspielen zu verlieren, ist für Groh Ausweis der Macht, die neoliberale Narrative in der politischen Öffentlichkeit besitzen:
„Jeder ist ein Einzelkämpfer, der sich auf dem Markt bewähren muss. Die Vorstellung, dass Arbeitnehmer gemeinsame Interessen haben, für die sie sich zusammenschließen sollten, wurde weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein verbannt. Wer gar von der Arbeiterklasse spricht, gilt schnell als Verteidiger der DDR und somit als Gegner von Demokratie. Man hat alles Nichtkapitalistische mehr oder weniger mit Stalin in einen Topf geworfen.“
Nun mag man berechtige Zweifel daran haben, dass die Macht der neoliberalen Erzählung den Mangel an Wirtschaftsdemokratie befriedigend zu erklären vermag. Was es allerdings erklärt: dass kaum noch bekannt ist, dass es in dieser Hinsicht auch schon einmal bessere Zeiten gab. Das Stichwort lautet „Montanmitbestimmung“:
„Es bedeutet gleichberechtigte Mitbestimmung. Im Aufsichtsrat eines beteiligten Unternehmens haben die Vertreter der Eigentümer und der Arbeitnehmer gleich viele Stimmrechte. Wenn sie sich nicht einigen können, entscheidet eine neutrale Person, auf die sich beide Seiten geeinigt haben. Diese Parität ermöglicht den Angestellten einen erheblich größeren Einfluss. Die Montanmitbestimmung besteht für einige Unternehmen bis heute. Insgesamt hat sich die Situation der Angestellten aber verschlechtert.“
Den Rückzug der Wirtschaftsdemokratie erklären viele Ökonomen mit einer Evolution: Ihr Ergebnis ist eine ‚spontane Ordnung‘ namens ‚Markt‘, die sich schlicht und einfach als die fitteste aller Wirtschaftsordnungen durchgesetzt hat. Mit ihr ist die Arbeitnehmermitbestimmung unverträglich, was bedauerlich sein mag aber unabänderlich ist.
Doch der Markt ist kein Naturereignis, sondern eine politische Institution und damit Ergebnis der Anordnungen eines Staatsapparates. Das wird auch von Neoliberalen nicht bestritten: Ohne dass ein Staat zum Beispiel Eigentumsrechte definiert, deren Transfer regelt und Regelverletzungen sanktioniert, gibt es keine Märkte.
Ist damit Grohs Behauptung richtig, dass sich eine Wirtschaftsdemokratie auch mit einer Marktwirtschaft verträgt? Wenn ja, könnte man dem Gesetzgeber ein Versäumnis vorwerfen und politisch auf eine Korrektur drängen. In jedem Fall würde, wie Groh richtig festhält, ein Mehr an Wirtschaftsdemokratie nicht automatisch dazu führen, „dass die Arbeit auch kreativ und selbstbestimmt ist“.
„Wer in einer demokratischen Putzfirma arbeitet, wird immer noch den ganzen Tag putzen müssen, während andere in einem autoritären Unternehmen bei der Kreation von Mode viel Freiheit haben können.“
Demokratie und Markt
Ist also die differentia specifica der Demokratie tatsächlich die Mitwirkung einer Gemeinschaft von Menschen an allen sie betreffenden Entscheidungen? Falls ja, wäre die Marktwirtschaft von vorneherein eine undemokratische Wirtschaftsordnung. Oder anders gesagt: Eine demokratiekonforme Marktwirtschaft wäre eine konzeptuelle Unmöglichkeit.
Denn nicht Entscheidungen des ‚Volkes‘, sondern der ‚Preismechanismus‘ ist in einer Marktwirtschaftsordnung dafür verantwortlich, welche Güter wie produziert werden. Was Wirtschaftsliberale als positives Merkmal einer Marktwirtschaft behaupten: Die Koordination wirtschaftlicher Handlungen mithilfe des Preismechanismus ermögliche ohne jeden personalen Zwang die bestmögliche Erfüllung menschlicher Wünsche. Auch dem weiß Groh etwas zu entgegnen:
„Der Markt reagiert nicht auf die Bedürfnisse aller Menschen, sondern auf die Wünsche derjenigen, die zahlungskräftig sind. Alle, die zu wenig oder gar nichts verdienen, werden vom Markt im Stich gelassen.“
Mit Ausnahme weniger Marktfundamentalisten werden Marktbefürworter an dieser Stelle den ‚Sozialstaat‘ ins Spiel bringen. Er habe zu gewährleisten, dass die unbestreitbare Effizienz des Marktes dazu genutzt wird, die Bedürfnisse aller Gesellschaftsmitglieder zu befriedigen. Weil dazu auch eine lebenswerte Umwelt gehört, wollen die Grünen eine ‚eine sozial-ökologische Marktwirtschaft schaffen, die Wohlstand mit Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit versöhnt‘.
Diese Vorstellung des Marktes als Instrument, das von der Politik zu gemeinwohldienlichen Zwecken verwendet werden kann, gilt heutzutage als „links“. Kaum noch hörbar dagegen sind antikapitalistische Stimmen, die die Güterproduktion durch gewinnorientierte Betriebe grundsätzlich infrage stellen. „Links“ in diesem Sinne gilt als hoffnungslos gestrig. Doch das beantwortet nicht, ob die erstaunliche Fähigkeit der Marktwirtschaft zur Erfüllung von Wünschen nicht vielleicht doch mit der Befriedigung von Bedürfnissen im Widerspruch steht:
„Zentrale Bedürfnisse des Menschen sind sozialer Natur: Anerkennung, Gemeinschaft, Vertrauen, Liebe. Kann der Markt diese Bedürfnisse befriedigen? Das Problem ist, dass diese Bedürfnisse in ihrer Natur dem Kaufen und Verkaufen von Gütern widersprechen. Eine Gemeinschaft, die man mit Geld gekauft hat, ist keine echte Gemeinschaft.“
Was aber wäre eine Alternative? Genannt werden von Groh „lokale Bedarfswirtschaften“, „Gemeinwohlökonomie“, „Postwachstumsökonomie“ oder der „demokratische Sozialismus“. Was sich hinter diesen Begriffen verbirgt, führt Groh allerdings nicht aus, weshalb ihre Vorzüge und vor allem die Frage der Realisierbarkeit dem Leser verborgen bleibt. Seine Erwähnung des Postkeynesianismus indes lässt den Stallgeruch von MAKROSKOP erkennen:
„Postkeynesianer wollen den Kapitalismus nicht abschaffen, sondern einschränken: Die Löhne erhöhen, Leiharbeit weitgehend verbieten, bestimmte Bereiche wie Gesundheit, Rente, Wasser, aber auch Banken vergesellschaften und die Wirtschaft viel stärker in Richtung Nachhaltigkeit lenken. Ein weitergehender Vorschlag besteht darin, die am stärksten auf Profit ausgerichtete Form von Unternehmen zu verbieten: Aktiengesellschaften.“
Grohs Anmerkung, dass „das den Kapitalismus keineswegs beenden würde“, ist richtig. Dennoch wäre eine Vergesellschaftung der genannten Wirtschaftsbereiche oder gar die Abschaffung von Aktiengesellschaften mehr als nur eine kleine Revolution. Denn der Glaube, dass die Güterproduktion durch gewinnorientierte Unternehmen der durch öffentlich-rechtliche Betriebe überlegen sei, ist weit verbreitet. So wäre es schon ein großer Erfolg, wenn diese Behauptung in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert würde.
Transnationale oder nationale Demokratie
Lässt man den Glauben hinter sich, dass der Preismechanismus Verteilungsresultate gewährleistet, die demokratisch legitimiert sind, ist eine zentrale Rolle des Staates bei der Wirtschaftssteuerung unumgänglich. Angesichts der weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen scheint insofern die Schlussfolgerung von Kosmopoliten, dass „die Demokratie über den Nationalstaat hinausgehen müsse“, prima facie gerechtfertigt.
Armin Groh empfiehlt nicht die Rückkehr zum Nationalstaat und bestreitet auch nicht die Notwendigkeit einer internationalen Institutionalisierung wirtschaftlicher Beziehungen. Er lädt aber zu einer Diskussion über die gesellschaftlichen Voraussetzungen der Demokratie ein. Kommunitaristen seien beispielweise der Meinung, dass es „konkrete und gewachsene Gemeinschaften“ sind, die zwischen den Menschen eine „Vertrautheit, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit“ gewährleisten, ohne die eine auf Kompromisse angewiesene Herrschaftsform wie die Demokratie nicht zu haben ist.
Die Verflechtung der Weltwirtschaft wird von ihm nicht als ein Datum akzeptiert. Handelt es sich nicht um das Ergebnis eines von den „westlichen Industrienationen“ betriebenen „Marktfundamentalismus im internationalen Handel“, fragt Groh. Vor diesem Hintergrund verteidigt er protektionistische Maßnahmen von Entwicklungsländern wie folgt:
„Heute gibt es beispielsweise in der Elfenbeinküste immer noch Hunger, obwohl die Kakaoproduktion für die großen Konzerne verstärkt wurde. Am wichtigsten wäre aber eine eigenständige Landwirtschaft und eine gute Gesundheitsversorgung.“
Eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung erfordert nach seiner Meinung tatsächlich von nationalen Egoismen Abstand zu nehmen. Von den westlichen Arbeitnehmern verlangt er in der Tradition des marxistischen Internationalismus mit „den Ausgebeuteten des globalen Südens solidarisch“ zu sein:
„Der Imperialismus muss durch eine internationale Bewegung bekämpft werden.“
Man mag Groh an dieser Stelle vorwerfen, dass seine Ausführungen zu sehr im Ungefähren bleiben. Doch damit wird man der Intention seines Buches nicht gerecht. Groh geht es nicht darum, der „neoliberalen Demokratie“ eine ausformulierte Alternative entgegenzustellen. Sein Anspruch ist bescheidener: Er möchte Diskursräume öffnen, die mit der Instrumentalisierung der „Demokratie“ als Kampfbegriff zunehmend verschlossen wurden. Das ist ihm in bewundernswerter Weise gelungen.