Makroskop
EU-Analyse

Das industriepolitische Defizit der EU

| 08. Oktober 2025
IMAGO / NurPhoto

Die EU bleibt in einem paradoxen Zustand gefangen: Nationale Regierungen sind zu schwach, um strategisch zu handeln, die supranationale Ebene ist zu unflexibel, um handlungsfähig zu sein. Entstanden ist ein institutionelles Niemandsland.

Auf der makroökonomischen Ebene leidet die Europäische Union seit jeher unter einer ausgeprägten Skepsis gegenüber Industriepolitik. Unter Industriepolitik versteht man staatliche Maßnahmen, die gezielt die Struktur der Wirtschaft verändern sollen, um ein öffentliches Ziel zu erreichen – etwa durch Subventionen, staatliche Forschungsausgaben oder die strategische Kontrolle zentraler Branchen. Solche Eingriffe waren historisch eines der wichtigsten Instrumente, um Innovation, Produktivität und Wachstum zu fördern.

Ein Blick nach Ostasien zeigt, was damit gemeint ist: Der wirtschaftliche Aufstieg Südkoreas, Taiwans oder Japans – das „asiatische Wunder“ – beruht weitgehend auf gezielten industriepolitischen Strategien. Auch Chinas rascher Aufstieg, insbesondere in Schlüsselbranchen wie Elektromobilität oder grüner Technologie, wäre ohne ein dichtes Netz staatlicher Steuerung und Förderung nicht denkbar gewesen. Der Erfolg dieser Länder zeigt, dass die Transformation von Schwellen- zu Industriestaaten nicht primär durch die Globalisierung oder billige Arbeitskräfte zustande kam, sondern durch klug geplante staatliche Strategien: öffentliche Investitionsbanken, Kapitalverkehrskontrollen, Schutzzölle und Subventionen – alles Maßnahmen, die gezielt den Aufbau einheimischer Industrien unterstützten.

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