Editorial

Chancen und Grenzen der EU

| 23. Mai 2024
IMAGO / Panama Pictures

Liebe Leserinnen und Leser,

übernächstes Wochenende finden die Wahlen zum Europaparlament statt. Anlass, das Sorgenkind Europa die kommenden Wochen bis zur Wahl zu unserem Themenschwerpunkt zu machen.

Diese Woche stellen sich unsere Autoren die Frage, welche Rolle die Geld- und Fiskalpolitik in der EU hat und welche Einflussnahme für die EU-Mitgliedsstaaten und ihre Bürger überhaupt möglich sind. Das größte Problem ist, dass die hierfür zentralen Institutionen der Wirtschafts- und Währungsunion – die Europäische Zentralbank und die europäischen Fiskalregeln – restriktiv ausgerichtet sind.

Nicht von ungefähr zweifelt Rafael Carretero Moreno, ob es überhaupt möglich sei, „gegen die europäische Sparpolitik zu stimmen“. Denn dass diese nach dem Ende der Pandemie wieder fröhliche Urständ feiert, liegt auch daran, dass sie in den grundlegenden EU-Statuten tief verankert ist.

Lassen sich die europäischen Gesellschaften also dem Einbettungsdruck der Märkte entziehen, wo doch – wie der Politökonom Benjamin Braun und Kollegen in Anschluss an den einflussreichen Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi hervorheben – Zentralbanken ursprünglich als Gegengewicht zu einem unregulierten Markt entstanden sind? Zumindest, so die Juristin Regina Viotto, habe die europäische Mindestlohnrichtlinie das Potential, die Beschäftigungssituation und damit die Leben von mehreren Millionen Europäern zu verbessern.

Diese und weitere Themen finden Sie in unserer neuen Ausgabe:

  • EU-Mindestlohnrichtlinie – Hoffnung für Millionen Beschäftigte Die EU-Mindestlohnrichtlinie ist trotz Gegenwind aus dem Unternehmerlager im November 2022 in Kraft getreten. Sie könnte die Situation von Millionen Beschäftigten in Europa verbessern. Dafür muss das europäische Gesetzeswerk nun schleunigst in nationales Recht umgesetzt werden. Regina Viotto
  • Ist es möglich, gegen die europäische Sparpolitik zu stimmen? Die Sparpolitik ist tief in den EU-Verträgen verankert. Zusammen mit dem Euro hat sie dem Süden Europas stark geschadet. Welche Auswege gibt es aus der Misere? Rafael Carretero Moreno
  • Was haben EZB und Arbeitsmärkte miteinander zu tun? Die Politökonomen Benjamin Braun, Donato Di Carlo und Sebastian Diessner wollen mit Karl Polanyi zeigen, wie die EZB zu einem Hauptakteur der Unterwerfung der Arbeitsmärkte unter das Diktat des „Laissez Faire Kapitalismus“ geworden ist. Malte Kornfeld
  • Europa sitzt in der Protektionismus-Falle Mit neuen Strafzöllen heizen die USA den Handelskrieg mit China an. Das schadet auch Deutschland und der EU. Doch die EU-Spitze in Brüssel wagt es nicht, Washington zu widersprechen. Das war schon einmal anders. Eric Bonse
  • Warum Bidens Handelskrieg schon verloren ist Joe Bidens Handelskrieg gegen China könnte sich zum Boomerang entwickeln – und letztlich Amerikas Status als Weltmacht beenden. Thomas Fazi
  • „Was Putin will, ist ziemlich klar“ Michael von der Schulenburg vermittelte als stellvertretender Uno-Generalsekretär in Kriegsgebieten. Hier kritisiert er die konfrontative Politik der EU und betont die Notwendigkeit eines Verhandlungsfriedens, um Leid und Zerstörung in der Ukraine zu beenden. Die Redaktion
  • Geldschöpfung als Luftbuchung Geldschöpfung „aus dem Nichts“ sei eine „Luftbuchung“, eine unhaltbare bilanzielle Konstruktion – deshalb existiere sie nicht, behauptet der Ökonom Felix Fuders. Franz Schneider