Afghanistan: Friedhof des liberalen Interventionismus
Das Scheitern liberaler Interventionen ist kein Ergebnis, das auf schlechten Entscheidungen oder mangelhafter Planung beruht: Es ist dem Projekt selbst inhärent. Funktionierende Staatswesen können nicht von außen aufgebaut werden.
Das schiere Ausmaß der NATO-Niederlage in Afghanistan ist erschütternd. Die modernsten Streitkräfte der Welt haben das Land zwanzig Jahre lang besetzt, was eine Billion Dollar gekostet hat. Und nur wenige Tage nach dem Abzug der amerikanischen Truppen fiel Kabul, kapitulierte die Hauptstadt vor Banden von Männern in Flip-Flops. Die Liberalen reiben sich die Augen und kritisieren den Zeitpunkt und die Art des Abzugs oder plädieren sogar für eine erneute Invasion. Doch in Wahrheit sind sie es, die die Schuld tragen: An der Verfolgung eines katastrophalen Projekts der Intervention und des "Statebuilding", das von vorneherein zum Scheitern verurteilt war.
Das Ziel der NATO-Invasion in Afghanistan war die Beseitigung des Taliban-Regimes, um das Land von Al-Qaida-Terroristen zu befreien. Zwanzig Jahre später sind die Taliban wieder an der Macht. Diejenigen, die derzeit Präsident Biden dafür kritisieren, dass er dies "zugelassen" hat, übersehen jedoch etwas ganz Grundsätzliches: Die USA haben nicht "zugelassen", dass die Taliban an die Macht zurückkehren, sondern dies war seit vielen Jahren ihr Ziel. Im Jahr 2008 sprach ich auf einer Podiumsdiskussion neben einem Beamten des britischen Außenministeriums (dem einzigen paschtunischen Redner der Regierung, wie sich herausstellte), der erklärte, dass die Politik der NATO in Afghanistan darin bestand, mit den Taliban zu verhandeln, um sie in eine Regierung der Machtteilung einzubinden. Sieben Jahre nach einem zwanzigjährigen Krieg musste die NATO also anerkennen, dass der einzige Ausweg aus Afghanistan darin bestand, die Leute, die sie loswerden wollte, wieder zu etablieren. Dies wurde zu Washingtons offen erklärter Politik unter Präsident Trump. Biden hat Trumps Politik lediglich umgesetzt.
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