Klimaziele

Wider den Pessimismus

| 25. Januar 2024
@midjourney

Lange schienen die Klimaziele in weiter Ferne. Doch zum Jahreswechsel gibt es drei Entwicklungen, die Hoffnung machen.

Die Linken – insbesondere die linken Intellektuellen dieser Welt – haben stets die Neigung, die Finger in die Wunde zu legen. Aus der Kritik des Bestehenden soll das Neue entstehen. Aber das kann auch kontraproduktiv sein – denn es sind die Erfolge, die Mut machen und nicht die Niederlagen.

Deshalb möchte ich zum Jahreswechsel drei frohe Botschaften erwähnen:

CO2-Emissionen 2023 drastisch gesunken

Erstens sind in Deutschland die energiebedingten CO2-Emissionen im Jahr 2023 drastisch um 66 Millionen Tonnen – also mehr als 10 Prozent – gesunken. Bei all der Aufregung über das Gebäudeenergiegesetz wurde übersehen, dass die viel gescholtene Koalition schon über zwanzig Gesetze für die Energiewende verabschiedet hat: Dazu gehört der Ausstieg aus der Kohle 2030, der allein ein Viertel des Restbudgets an Treibhausgasen einspart. Dazu gehört auch das Gesetz, das den Ausbau der Windenergie an Land regelt, und die Bundesländer endlich verpflichtet, zwei Prozent der Fläche dafür auszuweisen. Weiter das Gesetz für Windenergie Offshore und das für den Ausbau der Photovoltaik auf den Dächern und als Freilandanlagen.

Ein wichtiger Schritt war die Ausweisung der notwendigen Stromtrassen, um notfalls Windenergie aus den Windparks in der Nordsee und aus den Wasserspeichern Norwegens nach Bayern zu transportieren, wenn dort weder Sonne scheint noch Wind weht. Die zweite Sicherungslinie schafft das Gesetz zur Sicherstellung der Speicher und zur Regelung der Wasserstoffwirtschaft, aber auch damit die Industrie künftig auf grüne Brennstoffe und Rohstoffe zugreifen kann. Und last not least natürlich die Regelung der kommunalen Wärmeplanung. Denn auf die Kommunen kommt es an!

Auch das umstrittene Gebäudeenergiegesetz wurde mittlerweile im Bundestag verabschiedet. Und bei all dem Lärm rutschte das wichtige Gesetz über die Kostenverteilung zwischen Mieter und Vermieter völlig geräuschlos durchs Parlament. Vielleicht hatte die FDP gemerkt, dass die ständigen Querschläge ihr selbst am meisten geschadet haben? Denn das Gesetz hat es in sich: Danach müssen die Vermieter künftig einen wesentlichen Teil der Heizkosten übernehmen, wenn das Haus schlecht gedämmt ist – und zwar um so mehr, je schlechter die Dämmwerte sind.

Natürlich wurden die Reduktionen auch durch die starken Energieeinsparmaßnahmen verursacht. Aber trotzdem ist das Ergebnis überraschend. Offensichtlich zeigten die ersten Gesetze schon Wirkung. Wer hätte damit gerechnet? Nach der Abschaltung der Atomkraft, nach dem Gasleitungsstopp aus Russland, nach der Blockadehaltung eines Koalitionspartners und nach dem Ende des Corona-Lochs war ein deutliches Ansteigen der Emissionen befürchtet worden. Das Gegenteil ist der Fall: Erstmals wurde über die Hälfte des Stroms in Deutschland durch Erneuerbare Energie geliefert. Noch nie sind die CO2-Emissionen so schnell gesunken wie in diesem Jahr!

Trotz der vielen Aufregung und der Schelte für die Regierung muss man feststellen: Wirtschaftsminister Robert Habeck zieht wie ein Bulldozer ein Gesetz nach dem anderen durch – und wenn die FDP mal wieder die Bremse zieht, ist oft schon das nächste Gesetz unbemerkt durch den Wirtschaftsausschuss durchgegangen. Gratulation!

Trendwende in China

Zweitens gibt es auch andere Überraschungen: Und zwar ausgerechnet aus China, dem größten CO2-Emittenten der Welt. Nach Berechnungen aus 2023 ist der Peak erreicht worden. Erstmals wurden mehr CO2-freie Energieerzeugungsanlagen gebaut als der Zuwachs des Energieverbrauchs. Und es war nicht die Atomkraft: Von der zusätzlichen Jahresproduktionskapazität fallen fast 60 Prozent auf PV-Anlagen, 31 Prozent auf Windkraft und nur 5 Prozent auf Atomkraftwerke – der Rest fällt auf Wasser- und Biomassekraftwerke. Der Grund: Nach Ausweisung der Internationalen Energie Agentur ist die Atomkraft mit Abstand die teuerste Energieform – die Neubauten werden immer aufwendiger und kostspieliger, während die Preise für PV-Anlagen und Windkraftwerke von Jahr zu Jahr sinken.

Weltweit steigt die Produktion Erneuerbarer Energien

Die dritte frohe Neujahrsbotschaft bezieht sich auf die Weltbilanz: Laut IEA wuchs 2023 der Zubau an Erneuerbarer Energieproduktion weltweit um 33 Prozent. Der Ausbau der Windenergie stieg sogar um 70 Prozent. Die PV-Produktionskapazitäten in China, USA und EU werden sich 2024 verdoppeln und damit bereits das Niveau erreichen, dass zum Ziel, die Welt bis 2050 CO2-frei zu machen, erforderlich ist. Aber noch mehr ist möglich.

Auch der Ukraine-Krieg hat sich anders ausgewirkt, als bislang befürchtet wurde, weil einige Kohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen werden mussten. Gleichzeitig gab es einen massiven Schub in die andere Richtung: Die Planungen für den Ausbau der Erneuerbaren in der EU wurden letztes Jahr um 40 Prozent erhöht. Schon heute, heißt es, sollen die Erneuerbaren massiv dafür gesorgt haben, dass die Energiepreise nicht noch mehr gestiegen sind. Während die Gaspreise in den Himmel schossen, haben die Erneuerbaren wesentlich dazu beigetragen, dass die Preissteigerungen in Grenzen gehalten werden konnten und die Preisbremse nur in geringem Umfang als Hebel benutzt werden musste. Ohne den Ausbau der Erneuerbaren lägen heute die Energiepreise um 8 Prozent höher.

Fazit: Es sieht leider noch nicht so aus, als könnte das 1,5°-Ziel erreicht werden. Deutschland wird jedenfalls das entsprechende Budget nicht mehr einhalten. Aber für die Welt ist noch alles drin. Und Deutschland kann noch immer als das Kernindustrieland und Maschinenbauland Nummer 1 zum Trendsetter werden. Zwar ist bislang kein Land auf dem 1,5°-Pfad – nur Dänemark und Marokko sind kurz davor. Aber das Glas ist nicht nur halb leer, es ist auch halb voll. Die Welt kommt in Bewegung.