Geoökonomie

Der amerikanische Wirtschaftskrieg gegen China

| 06. September 2023

Auch wenn sie es bestreiten, de facto befinden sich die USA in einem Wirtschaftskrieg mit China. Dabei greifen die USA auf ein vertrautes Schema zurück – das diesmal aber Scheitern dürfte.

Chinas Wirtschaft erlahmt. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass das chinesische BIP-Wachstum im Jahr 2023 weniger als 5 Prozent betragen wird, was unter den Prognosen des letzten Jahres und weit unter den hohen Wachstumsraten liegt, die China bis Ende der 2010er Jahre verzeichnete. Die westliche Presse ist voll von Chinas angeblichen Missetaten: eine Finanzkrise auf dem Immobilienmarkt, ein allgemeiner Schuldenüberhang und andere Übel. Doch ein Großteil der Verlangsamung ist das Ergebnis von US-Maßnahmen, die darauf abzielen, Chinas Wachstum zu bremsen. Doch eine solche Politik verstößt gegen die Regeln der Welthandelsorganisation und ist eine Gefahr für den weltweiten Wohlstand. 
 
Die Anti-China-Politik entstammt einem vertrauten Handbuch der US-Politik. Ziel ist es, den wirtschaftlichen und technologischen Wettbewerb mit einem großen Rivalen zu unterbinden. Die erste und offensichtlichste Anwendung dieses Konzepts war die Technologieblockade, die die USA während des Kalten Krieges gegen die Sowjetunion verhängten. Die Sowjetunion war Amerikas erklärter Feind und die US-Politik zielte darauf ab, den sowjetischen Zugang zu fortschrittlichen Technologien zu blockieren.
 
Die zweite Anwendung des Handbuchs ist weniger offensichtlich und wird im Allgemeinen sogar von sachkundigen Beobachtern übersehen. Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre versuchten die USA bewusst, das Wirtschaftswachstum Japans zu bremsen. Dies mag überraschen, da Japan ein Verbündeter der USA war und ist. Doch Japan wurde "zu erfolgreich", da japanische Firmen in Schlüsselsektoren wie Halbleiter, Unterhaltungselektronik und Automobile die US-Firmen überflügelten. Japans Erfolg wurde in Bestsellern wie "Japan as Number One" von meinem verstorbenen Kollegen, dem Harvard-Professor Ezra Vogel, weithin bejubelt.
  
Mitte bis Ende der 1980er Jahre schränkten die Vereinigten Staaten die heimischen Märkte für Japans Exporte ein (durch so genannte "freiwillige" Beschränkungen, die mit Japan vereinbart wurden) und drängten Japan zur Überbewertung seiner Währung. Der japanische Yen wertete von etwa 240 Yen pro Dollar im Jahr 1985 auf 128 Yen pro Dollar im Jahr 1988 und 94 Yen pro Dollar im Jahr 1995 auf und verdrängte japanische Waren vom US-Markt. Mit dem Einbruch des Exportwachstums geriet Japan in eine Krise. Zwischen 1980 und 1985 stiegen Japans Exporte jährlich um 7,9 Prozent; zwischen 1985 und 1990 fiel das Exportwachstum auf nur noch 3,5 Prozent jährlich und zwischen 1990 und 1995 auf 3,3 Prozent jährlich. Als sich das Wachstum merklich verlangsamte, gerieten viele japanische Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten, was Anfang der 1990er Jahre zu einer Finanzierungskrise führte.

Mitte der 1990er Jahre fragte ich einen der einflussreichsten Regierungsbeamten Japans, warum Japan seine Währung nicht abwerte, um das Wachstum wieder anzukurbeln. Seine Antwort war, dass die USA dies nicht zulassen würden.

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